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Brand nachgestellt Oury Jalloh auf Polizeirevier Dessau-Roßlau verbrannt: Neues Gutachtenkommt erst im Januar

Von Steffen Brachert 20.12.2016, 13:02
Die Nachbildung eines Menschen liegt im Labor am Institut für Brand- und Löschforschung auf einer Matratze.
Die Nachbildung eines Menschen liegt im Labor am Institut für Brand- und Löschforschung auf einer Matratze. Nicolas Ottersbach

Dessau - Das neue Brandgutachten im Fall Oury Jalloh wird nicht vor dem 7. Januar vorgestellt. Das bestätigte Olaf Braun, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Dessau, auf MZ-Anfrage. „Die Zahlen, die genauen Messwerte, liegen vor. Derzeit sind die Experten dabei, daraus Rückschlüsse ziehen.“

Wegen einer Erkrankung des international renommierten Schweizer Gutachters Kurt Zollinger habe es dabei einige Verzögerungen gegeben. Wann das fertige Gutachten vorliegt? „Wir hoffen“, sagte Braun, „auf Januar.“

Tod von Oury Jalloh nicht vollständig aufgeklärt

Oury Jalloh war in der Nacht zum 7. Januar 2005 in einer Polizeizelle in der Dessauer Wolfgangstraße verbrannt. Bis heute ist der Tod nicht vollständig aufgeklärt.

Vor allem eine Frage wartet auf eine endgültige Antwort: Kann der an Händen und Füßen gefesselte Asylbewerber das Feuer selbst gelegt haben oder hat jemand Fremdes Hand angelegt? Unklar ist auch, wie das Feuerzeug überhaupt in die Zelle kam. Bei einer Untersuchung Jallohs vor der Zelle war keines gefunden worden.

Brand in der Zelle Oury Jallohs wurde nachgestellt

Ende August hatte die Staatsanwaltschaft Dessau ein neues Brandgutachten in Auftrag gegeben - und den Brandversuch beim Institut für Brand- und Löschforschung im sächsischen Dippoldiswalde durchgeführt.

100 Sensoren, 30 für die Temperatur und 70 für die Luftanalyse, haben damals den Versuch aufgezeichnet. In Anwesenheit von zahlreichen Pressevertretern und der Initiative für Oury Jalloh, die von einem Mord an dem Asylbewerber ausgeht.

Der musste 2005 auf das Revier, weil er im Dessauer Stadtpark alkoholisiert und unter Drogeneinfluss stehend mehrere Frauen belästigt hatte.

Auch am Forschungsinstitut war von linker Seite aufgekommen

Die Initiative Oury Jalloh hatte schon im August auch den neuen Brandversuch und dabei den Versuchsaufbau kritisiert. In den Wochen danach hatte es vor allem in Bezug auf das Institut für Brand - und Löschforschung Schmiedeberg Nachfragen gegeben.

Die Berliner Zeitung „Junge Welt“ hatte Recherchen angestellt, weil das Institut in keinem Branchenregister gefunden wurde und es auch keine Webseite gab: Gibt es dieses Institut gar nicht, wurde dort lediglich eine Industriebrache samt baufälligem Plattenbau angemietet? „Die Firma ist als Einzelgewerbe eingetragen“, versicherte Braun der MZ. „Das ist keine windige Kiste.“ Der Schweizer Zollinger sei als Experte international anerkannt.

Aufruf für Oury Jalloh-Demo am 7. Januar

Dass das Gutachten im Fall Oury Jalloh für Klarheit sorgen kann, ist trotzdem unwahrscheinlich. Für den 7. Januar, 14 Uhr, ist in Dessau zum zwölften Todestag von Oury Jalloh wieder eine große Gedenkdemo unter der Überschrift „Oury Jalloh ist kein Einzelfall - Keiner wird vergessen werden“ angemeldet.

In der ganzen Innenstadt sind in den vergangenen Tagen schon erste Plakate aufgetaucht. Im Internet macht ein „Mobilisierungsvideo“ die Runde, zudem gab und gibt es Info-Veranstaltungen in Berlin, Göttingen und Erfurt. 2016 haben etwa 200 Teilnehmer an der Demo in Dessau teilgenommen. (mz)