Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Wiegen, Messen, Zählen: Inventur im Tierpark
dessau/MZ. - Natürlich wird eine Inventur zuallererst gesehen als Bestandsaufnahme. "Da wird genau gezählt, nach Möglichkeit gemessen und gewogen. Aber neben dieser Statistik gehört für uns viel mehr dazu: Auskunft über Kauf, Tausch, Nachzuchterfolge oder Tierverluste", zählt Tierparkleiterin Christine Kilz auf. Auch, wieviele tierische Patienten dem Tierarzt vorgestellt werden mussten (nämlich 51) oder wieviele Fundtiere von Dessau-Roßlauer Tierfreunden im Tierpark abgegeben wurden und Asyl fanden (125). Und eine Zahl ist ganz wichtig nicht allein für die Kasse, sondern auch für das Selbstverständnis von Einrichtung und Mitarbeitern: Wieviele Besucher haben wir, welche Resonanz fanden besondere Aktionen?
77.111 Gäste kamen also im vorigen Jahr durch den Eingang. Dass auch im Dezember geöffnet war, danken über 2.000 Besucher mit ihrem Kommen. "Da war gerade zur Weihnachtszeit und bis Silvester viel Betrieb," freut sich die Tierpark-Chefin auch über die Einträge im Gästebuch. Da finden es Susanne und Maik aus Neckarsulm, die in Dessau ihre Großeltern besuchten, "Klasse, dass der Tierpark wieder im Dezember geöffnet hat... Macht weiter so."
Entdeckt und beobachtet werden konnten im vorigen Jahr insgesamt 548 Tiere in 106 Arten. Artenreich vertreten ist die Ordnung der Säugetiere mit 197 Tieren in 44 Arten. 241 Vögel in 42 Arten bewohnen den Tierpark. Bei den Reptilien sind es 30 Tiere in 12 Arten, bei den Wirbellosen 51 in 7 Arten. Offiziell in den Bestand aufgenommen wurden auch die 29 geschenkten Goldfische, die als einzige Art die Ordnung der Fische vertreten.
Als Landwirbeltier zog Shetland-Pony Max per Schenkung ein in den Tierpark. Über Tiertausch kam die Einrichtung am Dessauer Georgengarten im Sommer an zwei Stachelschwein-Jungtiere und damit zu einer ganz neuen Art.
Eine ganz alte wurde angekauft: Mit zwei Kühen vom Roten Höhenvieh nahm der Dessauer Tierpark eine bedrohte Haustierrasse in seinen Bestand auf. Das Rote Höhenvieh hat als robuste, genügsame Rasse über Jahrhunderte die Weiden in Deutschland dominiert als typische Mittelgebirgsrasse.
Das Rind im durchgängig rot bis rotbraunen Haarkleid lieferte sowohl Fleisch als auch Milch und zog schwere Gespanne. Die Nutzung dieser Rasse ist bereits von den Kelten überliefert. Hierzulande wurde das Rote Höhenvieh seit den 1930er Jahren verdrängt durch Einkreuzungen von Niederungsvieh und hochgezüchtetem Rot- oder Schwarzbuntem Milchvieh.
Der letzte reinrassige Höhenviehbulle wurde bis 1964 zur Zucht eingesetzt. Die Rasse verdankt ihr Überleben einem Zufall... und der Entdeckung "vergessener" Spermaportionen in einer Besamungsstation. Dadurch konnte die Population langsam mit letzten Kreuzungstieren wieder aufgebaut werden. Die Anstrengungen zum Erhalt der Genreserven zur Rinderzucht haben den Bestand inzwischen wieder auf knapp 1.000 Tiere anwachsen lassen. Offiziell als gefährdete Haustierrasse geführt wurde das Rote Höhenvieh 1997 zur "Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres" erklärt. "Die steht nun bei uns", ist Christine Kilz stolz.
Die zwei rotbraunen Hornträger, die nun im Tierpark Dessau ihre neue Heimat fanden, können eine Widerristhöhe von 1,30 Meter erreichen. Und sorgen auch für einen neuen Rekord in der Einrichtung. Die Kühe vom Roten Hornvieh nämlich werden über 500 Kilo schwer. Und hängen damit den bisherigen Spitzenreiter, den Braunbären Teddy, klar ab. "Meister Petz" bringt etwa 250 Kilo auf die Waage, ist nach Winterruhe aber deutlich schlanker als im Sommer.
Die beiden Braunbären zählen überdies zu den ältesten Tierparkbewohnern. Teddy ist seit 1985, Aika seit 1987 in Dessau. Gleiches gilt für den Esel Winni. Das "Grauchen" gehört seit 1985 zum Bestand, fast schon Inventar. Den unangefochtenen Rekord aber hält Riesenschlange "Otto". Der Methusalem ringelt sich seit 1979 im Terrarium. Damals kam der Netzpython als zwei Jahre alter Jüngling mit zwei Metern Länge in den Tierpark. Heute ist Otto 5,25 Meter lang und mit 36 nachweisbaren Lebensjahren womöglich deutschlandweit der Älteste seiner Art.