Wolfen Wolfen: Der Blick auf eine große Tradition
WOLFEN/MZ. - Am Originalschauplatz können Besucher des Industrie- und Filmmuseums (Ifm) Wolfen demnächst anschaulich nachvollziehen, was 100 Jahre Filmproduktion in und für Wolfen bedeuteten. Eine Ausstellung, die sich dem Thema widmet, wird pünktlich zum Jubiläum am 22. Juli hier eröffnet.
Am 19. Juli 1910 nahm die Agfa-Filmfabrik, nur ein Jahr nach der Grundsteinlegung, die Produktion auf. Dieses historische Datum ist dem Förderverein des Ifm sowie dem Museum Anlass, zurückzuschauen auf das, was war. 1925 war das Unternehmen der größte Betrieb der Branche in Europa, nach Kodak in den USA der zweitgrößte in der Welt. Den richtigen Knüller, der die Filmfabrik berühmt machte, landete das Unternehmen 1936 mit "Agfacolor Neu", dem ersten praktikablen Farbfilm überhaupt. Pionierleistungen auf dem Gebiet der Fotochemie und -industrie, der Kunstfaserproduktion sowie der Herstellung von Magnetbändern wurden hier vollbracht. 1994 endete die Filmproduktion in Wolfen. Was bleibt, sind die Erinnerung und mit Filmotec sowie PixelNet zwei Unternehmen, die die Filmtradition am Standort fortführen.
Die Ausstellung im Ifm ist mit großem Aufwand vorbereitet worden. Das macht Horst Kühn, Vorsitzender des Fördervereins, deutlich mit der Vorstellung des Konzeptes.
"Es wird eine Kombination aus industriellen Sachzeugen, Fotografien und einer Multimediashow", erklärt er. "Wir werden die Sternstunden zeigen aber auch die ganz normale Produktion. Und wir werden auch den Blick auf die Geschichte nicht aussparen; die Filmfabrik war Leitfabrik der IG Farben." Dargestellt wird aber auch, welchen Einfluss die fortschreitende Industrialisierung zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts auf die Entwicklung der Stadt Wolfen und die Region hatte. "Die Film war die Stadt", so Kühn.
Die Stadtwerke Wolfen unterstützen die Ausstellungsmacher. Einen Scheck von 2 000 Euro hat der Chef der Stadtwerke, Tilo Winkelmann, für das Ausstellungsprojekt "100 Jahre Filmfabik Wolfen" übergeben. "Die Vernetzung von Filmfabrik und Stadt war für jeden Wolfener spürbar. Das hatte durchaus was mit dem Lebensgefühl der Leute hier zu tun. Als Wolfener Unternehmen fühlen wir uns da schon auch der Traditionspflege verpflichtet", so Winkelmann.
Ein Highlight der Ausstellung wird die räumliche Darstellung der Filmfabrik in ihrer Entwicklung von 1919 bis 1990 per Multivision sein. Mitglieder des Fördervereins steuern Werkslagepläne, die die Zeit zwischen 1910 und 1980 nahezu lückenlos festhalten, bei. Die zeigen, wie sich die Filmfabrik von Jahr zu Jahr räumlich ausgedehnt hat und schließlich zu einem der größten Arbeitgeber in Ostdeutschland wurde. Die personelle Blüte erlebte der Betrieb 1984, als hier 15 500 Mitarbeiter beschäftigt waren. Zur Wende arbeiteten noch 14 500 Frauen und Männer in der Orwo-Filmfabrik Wolfen, die zu DDR-Zeiten Stammbetrieb des 1970 gegründeten Fotochemischen Kombinates war.
Das Industrie- und Filmmuseum und der Förderverein, die sich zum Ziel gemacht haben, komplette Produktionsstrecken, Maschinen, Geräte, Erzeugnisse und Dokumente der Nachwelt in Form eines Industrie- und Filmmuseums zu erhalten, ermöglichen so für jedermann, die Produktion erlebbar und die Dimension des gewaltigen Betriebes nachvollziehbar zu machen. Thematisch passende Sonderausstellungen ergänzen die Dauerausstellung, die die gesamte Industriegeschichte der Region im Blick hält. Museumspädagogische Konzepte knüpfen hier an.
Rund 9 000 Menschen haben das Ifm im vergangenen Jahr besucht. Das Museum, das 1993 als erstes neues Museum in Sachsen-Anhalt eröffnet wurde, befand sich bis 1997 in Trägerschaft des Fördervereins, jetzt unter der des Landkreises.