1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Asylheimstreit mit BIG-Hotel: Asylheimstreit mit BIG-Hotel Wolfen: Landkreis Anhalt-Bitterfeld droht eine hohe Schadensersatzzahlung

Asylheimstreit mit BIG-Hotel Asylheimstreit mit BIG-Hotel Wolfen: Landkreis Anhalt-Bitterfeld droht eine hohe Schadensersatzzahlung

Von Stefan Schröter 13.04.2018, 08:01
170 Betten hat der Eigentümer des BIG-Hotels im Jahr 2016 für Flüchtlinge vorbereitet. Jetzt pocht er auf ausgebliebene Mietzahlungen.
170 Betten hat der Eigentümer des BIG-Hotels im Jahr 2016 für Flüchtlinge vorbereitet. Jetzt pocht er auf ausgebliebene Mietzahlungen. André Kehrer

Wolfen/Dessau - Haben die Asylheim-Pläne im Wolfener BIG-Hotel noch ein teures Nachspiel für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld? Nach der Kündigung des Vertrags mit der Leipziger Northgate Enterprises Group (NEG) droht der Behörde weiterhin eine Schadensersatzzahlung. Die NEG als Hoteleigentümerin verlangt ausgebliebene Mieten in Höhe von rund 700.000 Euro vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Diese Summe hätte der Landkreis von Mai 2016 bis Februar 2017 an die NEG zahlen müssen, wenn er nicht gekündigt hätte.

Doch im Herbst 2016 kündigte der Landkreis den Vertrag fristlos. Das Landgericht Dessau-Roßlau befasst sich nun mit der Frage, ob diese einseitige Kündigung rechtens war. Und sie nimmt diese Frage sehr ernst, der Klage wurde stattgegeben. „Die Sache ist heute noch nicht abschließend beraten, dafür ist sie zu komplex“, erklärte Güterichter Pechtold am Donnerstag im Landgericht. Er legte im Saal 17 noch einmal umfangreich die Kernfrage sowie Nebenaspekte der Klage dar. Der anwesende Vertreter der NEG nickte dabei immer wieder zustimmend.

Derzeit stehen 700.000 Euro als Schadensersatzforderung im Raum

Richter Pechtold erinnerte unter anderem daran, dass der Vertrag zwischen Landkreis und NEG auf fünf Jahre geschlossen wurde. „Wenn die Kündigung unberechtigt war, besteht die Vertragspflicht fort.“ Dann hätte der Landkreis bis Anfang 2021 das BIG-Hotel als Asylunterkunft gemietet. Offenbar ermutigt von den Erläuterungen des Richters erklärte NEG-Anwalt Stephan Bauer zwischenzeitlich: „Ich habe das mal durchgerechnet: Wir hätten über fünf Jahre mehr als fünf Millionen Euro an Mieteinnahmen erzielen können.“ Damit wird klar: Die derzeit im Raum stehenden 700.000 Euro als Schadensersatzforderung könnten für den Landkreis im schlimmsten Fall nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Mittlerweile ist das BIG-Hotel wieder ein Hotel geworden. Landkreis-Rechtsanwalt Veit Wolpert erinnerte in diesem Kontext vor Gericht an einen MZ-Artikel vom 4.  April über eine „stolze Hotelchefin“. Könnte der Hoteleigentümer nach der Verpachtung überhaupt noch den Asylunterkunftsvertrag erfüllen? Ja, betont der NEG-Anwalt: „Der Nutzer würde die Unterkunft sofort räumen, wenn der Landkreis Bedarf anmeldet. Sie können jederzeit kommen und rein“, sagte Stephan Bauer dem ihm gegenübersitzenden Veit Wolpert.

„Der Landkreis steht einer gütlichen Einigung positiv gegenüber“

Beide Seiten bemühten sich vor der Verhandlung um eine Einigung. Doch ein Güteversuch gemeinsam mit einer Güterichterin des Landgerichts scheiterte. Bei der nun anberaumten mündlichen Verhandlung musste Richter Pechtold zudem feststellen, dass bei dem Güteversuch noch gar nicht über Konditionen gesprochen wurde.

Beide Seiten kündigten am Donnerstag erneut Gesprächsbereitschaft an, um möglicherweise einer gerichtlichen Entscheidung zuvorzukommen. „Der Landkreis steht einer gütlichen Einigung positiv gegenüber“, erklärte Veit Wolpert. Sein Gegenüber meinte, dass der NEG-Geschäftsführer lange Streits vermeiden wolle. Ob das gelingt, ist offen.

Die Parteien zeigten vor Gericht gegensätzliche Ansichten darüber, ob der Asyl-Vertrag mit oder ohne Bedingungen unterzeichnet wurde. Zur Erinnerung: Der Landkreis kündigte den Vertrag mit NEG im Herbst 2016, da der BIG-Hotel-Eigentümer eine Nutzungsgenehmigung nicht vorlegen konnte.

Das Landgericht Dessau-Roßlau will am 4. Mai eine Entscheidung verkünden

Diese Genehmigung verweigerte kurz zuvor der Landkreis und bezog sich auf eine im Sommer 2016 verhängte Veränderungssperre der Stadt Bitterfeld-Wolfen für das dort beginnende Gewerbegebiet. „Ich darf Flüchtlinge nicht in ein Gebäude lassen, bei dem eine Genehmigung dafür fehlt“, wiederholte Wolpert den Landkreis-Standpunkt.

Laut dem NEG-Anwalt hätte es diese Nutzungsgenehmigung aber gar nicht gebraucht, damit die Vereinbarung gilt. „Eine Bedingung steht im Vertrag nicht drin“, meinte Stephan Bauer. Und Mietmängel hätten nicht vorgelegen.

Das Landgericht will am 4. Mai eine Entscheidung verkünden. Auch wenn beide Seiten Gesprächsbereitschaft zeigten, könnte das Verfahren noch Jahre dauern und im äußersten Fall vor dem Bundesgerichtshof landen. (mz)