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Spurensuche  Spurensuche : Das Rätsel Werner Chomton

Von Torsten Adam 14.02.2017, 09:55

Bernburg - Nahezu unbekannt ist Werner Chomton in seiner Geburtsstadt Bernburg. Und das, obwohl der künstlerisch Hochbegabte zwischen 1919 und 1921 als Schüler von Johannes Itten und Lyonel Feininger am Bauhaus Weimar wirkte und bis zu seinem Tod 1953 in München zu einem der populärsten Illustratoren von Abenteuer- und Jugendbüchern in Deutschland avancierte. Auf die Spuren des Bauhaus-Künstlers hat sich jetzt der amerikanische Schriftsteller Peter Kilduff begeben.

Der 75-Jährige aus dem US-Bundesstaat Connecticut, arrivierter Luftfahrt- und Luftwaffen-Historiker, recherchiert derzeit für einen umfassenden Artikel in einer internationalen Fachzeitschrift. Im Mittelpunkt steht dabei weniger die künstlerische Ader von Werner Chomton, sondern sein Leben als Soldat im Ersten Weltkrieg.

Deshalb bittet Peter Kilduff, der fließend Deutsch spricht, die Leser der Mitteldeutschen Zeitung um Mithilfe bei der Suche nach weiteren Informationen oder gar Fotografien.

Nicht viel über Chomton bekannt

Bekannt ist ihm, dass Werner Chomton am 20. Juni 1895 in Bernburg geboren wurde und als Flieger-Beobachter bei der Artillerie-Flieger-Abteilung 206 in Frankreich stationiert war.

Er hatte auch einen Zwillingsbruder: Hans Chomton, Leutnant der Reserve, diente beim badischen Infanterie-Regiment Nr. 142, fiel aber leider am 30. April 1917 im französischen Nauroy. Unklar ist laut Peter Kilduff, wo dessen Grabstätte ist.

Teilweise autobiografisch

Seine Fliegerlaufbahn beschrieb Werner Chomton teilweise in seinem 1933 erschienenen Roman „Soldat in den Wolken“. Zu dieser Zeit soll er sich nach MZ-Recherchen bereits in München niedergelassen und sich auf Buchillustrationen, Einbandgestaltungen und Grafiken für Zeitschriften spezialisiert haben.

In der bayrischen Landeshauptstadt hatte er vor seiner Bauhaus-Zeit ein Studium der Kunstgeschichte sowie der Malerei absolviert. Die meisten Werke aus seiner Hand sind in der Jugendbuchreihe „Meine kleine Bücherei“ im Stuttgarter Thienemanns-Verlag erschienen.

Dort gestaltete der gebürtige Bernburger diverse Einbanddeckel und zeichnete auch manche Innenillustration. Seine Werke strahlten Bewegung und Lebendigkeit aus, er zeichnete äußerst realitätsnah, heißt es in einer Beschreibung. Seine offensichtliche Begeisterung für die Militärfliegerei in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken wäre allerdings vermutlich ein Fehler.

Gab es zwei Frauen gleichen Namens

Werner Chomton war mit einer gewissen Elisabeth Abegg verheiratet. Die Kommilitonin lernte er während seines Bauhaus-Studiums kennen und lieben, verrät eine Quelle.

Laut einer anderen Internetseite soll die berühmte NS-Widerstandskämpferin Elisabeth Abegg während des Dritten Reiches über Werner Chomton Kontakte zwischen der linksliberalen Widerstandsorganisation um Hans Robinsohn und Ernst Strassmann und militärischen Kreisen geknüpft haben.

Rätselhaft ist indes, ob Werner Chomton eine andere Frau gleichen Namens geehelicht hatte oder ob die Bauhaus-Studentin und die Widerstandskämpferin ein und dieselbe Frau waren.

Für die zweite Version spricht, dass es unwahrscheinlich ist, dass der Illustrator seinerzeit engeren Kontakt zu zwei Damen mit dem selten vorkommenden Geburtsnamen Elisabeth Abegg hatte. Ausgeschlossen wäre das aber nicht, zum Beispiel wenn beide Elisabeths miteinander verwandt wären. Dagegen spricht wiederum, dass er in München lebte, sie in Berlin und außerdem 13 Jahre älter war als er.

Ölgemälde für 1.600 Euro bei ebay

Wegen seiner Spezialisierung auf Illustrationen und Grafiken sind freie künstlerische Arbeiten von Werner Chomton ausgesprochen selten. Eines seiner Ölgemälde wurde erst im Vorjahr auf der Internetplattform Ebay für 1.600 Euro zum Verkauf angeboten.

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Wer etwas über Werner Chomton oder seinen Bruder Hans weiß, wird gebeten, sich an Peter Kilduff unter folgender Postadresse zu wenden: 7 Woodbine Street, New Britain, Connecticut 06052-1436, USA, oder per E-Mail an [email protected].

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„Natürlich beantworte ich alle Briefe auf Deutsch“, verspricht der Schriftsteller, der in seinem Berufsleben unter anderem beim Nachrichtendienst der US-Marine, als Zeitungsreporter und zuletzt als eine Art Außenminister der Connecticut-Universität gearbeitet hatte.

Hinweise zu Familie Chomton nimmt auch die MZ Bernburg, Telefon 03471/6 52 02 13, entgegen. (mz)

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Elisabeth Abegg (1882-1974) war Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrt sie als „Gerechte unter den Völkern“. Sie war eine der ersten Frauen, die in Deutschland studieren durften. Nach dem Studium an der Universität Straßburg erwarb sie in Leipzig den Doktortitel (Geschichte des italienischen Mittelalters). Ab 1924 unterrichtete sie Geschichte in Berlin-Moabit, bis sie durch Denunzierungen 1941 ihre Arbeit verlor. Unter ständigem Einsatz ihres Lebens und ihres Vermögens half sie etwa 80 meist jüdischen Menschen, um sie vor Deportation und Konzentrationslager zu retten. In ihrer Dreieinhalbzimmer-Wohnung in Berlin- Tempelhof, die sie mit ihrer Mutter und ihrer behinderten Schwester teilte, versteckte sie zwölf Flüchtlinge und unterrichtete die Kinder dort.

Als die NS-Zeit vorüber war, kehrte Elisabeth Abegg in den Berliner Schuldienst zurück. Sie engagierte sich gemeindlich bei den Quäkern und politisch in der SPD. Wegen ihrer Hilfe für Verfolgte des Nazi-Regimes erhielt sie 1957 das Bundesverdienstkreuz. Gegenüber dem Bundeskanzleramt ist seit 2004 eine Straße nach Elisabeth Abegg benannt. Auch eine Grundschule in Berlin-Prenzlauer Berg trägt ihren Namen. 

quelle: Elisabeth-Abegg-Grundschule Berlin

Das Buch von Werner Chomton
Das Buch von Werner Chomton
privat