Rettung von sieben Sumpfohreulen Rettung von sieben Sumpfohreulen: Wuschelige Orgelpfeifen in Ilbersdorf

Ilbersdorf - Es war der 29. Juni, als das Drama seinen Lauf nahm: Nach der maschinellen Grasmahd im Naturschutzgebiet „Fiener Bruch“ (Jerichower Land) machte Henrik Watzke, Mitglied des Fördervereins Großtrappenschutz, eine Beobachtung, die ihn stutzig machte: am Himmel kreisende Milane. Was die Greifvögel von oben erspäht hatten, wurde beim genaueren Hinsehen schnell klar: eine brütende Sumpfohreule war der Mahd zum Opfer gefallen, mit ihr zwei Jungtiere. Zurück im Nest auf der Wiese blieben drei lebende Küken und vier Eier. Der Naturschützer rettete sie vor dem sicheren Tod und nahm sie mit in die nahe Trappenstation Buckow, die sich um den Erhalt der stark bedrohten Großtrappen kümmert.
Wohin aber mit den kleinen Eulen? Seit vielen Jahren finden die Vogelschützer Unterstützung beim Tiergarten Bernburg, wenn sie bei ihren Kontrollgängen elternlose Jungvögel entdecken, die es aufzupäppeln gilt. Auch diesmal. Wieder nahm sich Zootierinspektor Thomas Suckow der Findelkinder an. Vor zwei Jahren hatte er schon vier Große Brachvögel großgezogen, im Vorjahr waren es vier Kiebitze.
Nachdem in der Trappenstation drei weitere Eulen im Brutkasten geschlüpft waren, nahm der 49-Jährige am 6. Juli im Bernburger Tiergarten seine neuen Pflegekinder in Empfang, eine Woche später folgte der letzte Nachzügler. Suckow brachte die Küken nach Hause nach Ilbersdorf und quartierte sie in einer mit Stroh ausgelegten Pappkiste in der Wohnstube ein. Denn die Tiere müssen quasi rund um die Uhr betreut werden. „Im Durchschnitt alle zwei Stunden brauchen sie Futter. Je größer der Hunger, umso energischer ihr Fiepen“, erklärt der stellvertretende Tiergarten-Leiter, dessen Schlafzeiten deshalb momentan kurz sind. Denn auch nachts verlangen die Küken nach Nahrung. Gut, dass er mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Schützendübe eine gelernte Zootierpflegerin und damit kompetente Hilfe an seiner Seite weiß.
„Wir wechseln uns bei der Fütterung ab“, sagt Suckow. Zu fressen gibt es aufgetaute Mäuse und Ratten, die für die jüngsten Eulen noch schnabelgerecht kleingeschnitten werden müssen. Eine Arbeit, die nichts für zartbesaitete Gemüter ist. Die Aufzucht der Waisen verlangt von dem Paar aber noch mehr Opfer als die bloße Zeit. Denn die Küken, die im Abstand von etwa zwei Tagen mit 12 bis 15 Gramm zur Welt gekommen sind und seitdem täglich 20 bis 30 Gramm zulegen, hatten sich das Wohnzimmer schnell angeeignet. Ihrem Instinkt folgend, verließen die älteren Eulengeschwister die Kiste und erkoren sich jeweils eine Lieblingsecke in der Stube aus. Dies ging nicht ohne den einen oder anderen Schaden vonstatten.
„Die älteste Eule macht bereits Flatterversuche“, berichtet Thomas Suckow. Muss sie auch. Denn wie die anderen wuscheligen Orgelpfeifen soll sie wieder ausgewildert werden. Wahrscheinlich noch vier bis sechs Wochen wird es dauern, bis die sieben Jungvögel soweit sind, dass sie ohne menschliche Hilfe in freier Natur zurechtkommen. „Sie müssen einerseits voll flugfähig sein, andererseits lebende Beute fangen können. Sonst würden sie verhungern. Das wäre nicht vereinbar mit dem Tierschutz“, betont der Zootierinspektor. Bevor die Eulen in den Fiener Bruch zurückkehren, müssen sie deshalb ihre Flugmuskulatur trainieren und in einer Kiste lebende Mäuse erlegen. Um das Wohnzimmer nicht gänzlich zu ramponieren, hat der Ziehvater die Eulen am Donnerstag umquartiert - in einen Anbau seines Hauses.
