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Strafe für Selbstjustiz Mann wird zu Geldstrafe verurteilt, weil er einen Kriminellen bestahl

„Dieser Mensch hat mir meine zwei Fahrräder gestohlen“, erklärt der Angeklagte am Amtsgericht in Bernburg.

Von Carsten Roloff Aktualisiert: 15.10.2021, 11:15
Das Amtsgericht in Bernburg
Das Amtsgericht in Bernburg Foto: Pülicher

Bernburg/MZ - Vor 20 Jahren ist er das erste Mal straffällig in Erscheinung getreten, doch wegen Hehlerei saß der 36-jährige gebürtige Bernburger noch nie auf der Anklagebank. Am 5. November 2018 wurde er in der Friedensallee gegen 0.30 Uhr auf einem Fahrrad fahrend bei einer Routinekontrolle von der Polizei gestoppt.

Dabei stellte sich heraus, dass das Mountainbike Marke „Focus“ auf der Fahndungsliste stand und als gestohlen gemeldet war. Seinem eigentlichen Besitzer hatte der Angeklagte das Mountainbike jedoch nicht weggenommen, sondern einem bekannten Kleinkriminellen aus der Saalestadt.

Angeklagter wollte Mountainbike gegen seine beiden Räder eintauschen

Dieser sitzt wegen etlicher Diebeszüge derzeit im Gefängnis. „Dieser Mensch hat mir meine zwei Fahrräder gestohlen. Ich habe ihn mit dem Mountainbike gesehen und es bei einer günstigen Gelegenheit entwendet. Es stand nicht angeschlossen in einem unverschlossenen Hausflur in der Bahnhofstraße“, so die Version des Arbeitssuchenden.

Der Bernburger gab auch zu, dass er die Absicht hatte, das Mountainbike als Faustpfand einzusetzen. Er wollte es gegen seine beiden Fahrräder beim Kleinkriminellen eintauschen. Doch dazu kam es nach der Polizeikontrolle nicht mehr.

„Mein Mandant wollte nur versuchen, seine Fahrräder wiederzubekommen. Dabei war sein Vorgehen nicht korrekt, aber ich sehe weder Hehlerei, noch Nötigung oder Diebstahl“, erklärte Rechtsanwalt Volker Junge und plädierte auf Freispruch.

„Das Vorgehen meines Mandanten war nicht korrekt, aber ich sehe weder Hehlerei, noch Nötigung oder Diebstahl.“

Verteidiger des Angeklagten vor Gericht

Sowohl der Staatsanwalt als auch das Schöffengericht hatten jedoch eine andere Sichtweise, wandelten aber den Vorwurf der Hehlerei in einen einfachen Diebstahl um. „Egal, wie wir das Kind nennen. Es handelt sich um einen Straftatbestand. Man kann als Privatperson nicht alles selbst in die Hand nehmen und Selbstjustiz üben. Für solche Fälle sind Polizei und Gerichte da“, sagte Strafrichter André Stelzner und sprach eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro aus.

Der Jurist folgte damit dem Antrag des Staatsanwalts. Mit der Strafe bewege man sich am unteren Rahmen. Das Gericht habe den Eindruck, dass Sie bemüht sind, ihr Leben im Griff zu haben, begründete André Stelzner sein mildes Urteil. Der 36-jährige Angeklagte hat zwischen 2009 und 2019 keinen einzigen Eintrag im Bundeszentralregister.