Falsche Zeichen in Corona-Zeiten Falsche Zeichen in Corona-Zeiten: Profitdenken ist fehl am Platz
Bernburg/Berlin - „Ich bin froh, dass es wieder lockerer zugeht. Die ständigen Video- und Telefonkonferenzen gingen mir auf die Nerven.“ Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken im Wahlkreis Anhalt, geht wieder auf Tour und man sieht ihm an, dass er das genießt.
„Wir haben uns Gedanken gemacht. Meine Sprechstunde auf dem Karlsplatz in Bernburg ging ja wegen Corona nicht mehr und auch jetzt ist das ja nicht so richtig möglich“, sagt Jan Korte, der zu seinen Sprechstunden nicht ins Büro eingeladen hatte, sondern auf die Straße ging, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. So kam man auf die Idee, auf die Dörfer zu gehen. „Wir haben Flyer in die Briefkästen gesteckt, wann wir wo sind. Das klappt gut“, freut er sich, wieder im Wahlkreis unterwegs zu sein.
„Die Einschnitte in die Grundrechte waren tief und nicht alle trage ich mit“
Dass die starken Eingriffe in Grundrechte und Wirtschaft als Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus notwendig waren, sieht Korte als gesetzt an.
„Das Runterfahren war wohl richtig. Doch wie es danach gehandhabt wurde, nicht mehr. Wenn Wissenschaftler forschen, gibt es immer neue Erkenntnisse. Da muss täglich eine neue Bewertung her. Da kann man nicht 14 Tage warten. Die Einschnitte in die Grundrechte waren tief und nicht alle trage ich mit, aber ich habe mich an die Anordnungen gehalten“, so Korte.
Die parlamentarische Kontrolle sei gegeben gewesen, sagt er. Die 1. Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen hatten regelmäßig Abstimmungen mit dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU).
„Mit Schäuble habe ich oft eine unterschiedliche Meinung. Aber hier hat er einen sehr guten Job gemacht. Dass auch nach und nach Gerichte Maßnahmen für überzogen hielten, zeigt, dass das Rechtssystem funktioniert. Auch wenn es teils so aussah, es sei alles außer Kraft gesetzt. Ich finde vieles an dem ganzen Gesellschaftssystem zu kritisieren, aber insgesamt hat es funktioniert“, so Korte.
„Was wir brauchen, sind topfinanzierte staatliche Krankenhäuser mit gut bezahltem medizinischen Personal in allen Bereichen“
Seine Hauptkritik ist die Gesundheitspolitik, die sich am Markt orientiert. „Was wir brauchen, sind topfinanzierte staatliche Krankenhäuser mit gut bezahltem medizinischen Personal in allen Bereichen. Dann sind solch drastische Einschränkungen von Grundrechten nicht notwendig“, ist Korte überzeugt.
Profitorientierte Gesundheitspolitik habe gezeigt, dass sie nicht dazu tauge, in solchen Situationen für Sicherheit zu sorgen. Wenn in einer solchen Lage zuerst gefragt werde, wie man abrechnen könne, diene das nicht den Menschen, sondern dem Profit. Das dürfe nicht sein.
Kanlerin Merkel hätte andere Zeichen setzen müssen
„Wir müssen Lehren ziehen. Solche tiefen Einschnitte in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben darf es nicht wieder geben“, sagt Korte. Doch die Aussichten sind nicht optimistisch.
„Angela Merkel werfe ich vor, dass sie nach ersten Lockerungen zuallererst die zu Gesprächen einlädt, die prall gefüllte Bankkonten haben - trotz Krise. Die Kanzlerin holt sich die Bosse der Autokonzerne an den Tisch. Als Kanzlerin, die Zeichen setzen will, hätte sie medizinisches Personal, Pflegekräfte, Postboten, Verkäuferinnen einladen sollen, die täglich die Gesellschaft am Laufen halten.“
Ein weiteres Zeichen wäre nach Kortes Meinung gewesen, staatliche Hilfen für die Wirtschaft an Bedingungen zu knüpfen. „In Dänemark bekommen nur Firmen staatliche Hilfen, die im Land Steuern zahlen und keine Dividenden ausschütten. Das wollen wir hier auch. Mal sehen, wer da mitgeht“, so Korte. (mz)