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Hochschule Anhalt Auf dem Weinberg in Bernburg-Waldau werden die Trauben gelesen

Warum es ein schwieriges Jahr für den Wein auf dem Versuchsweinberg „Waladala“war, berichtet Dieter Orzessek, Professor im Ruhestand.

Von Susanne Schlaikier 03.10.2021, 15:00
Robert Hanauska leert die Kiepe mit den frisch geernteten Trauben.
Robert Hanauska leert die Kiepe mit den frisch geernteten Trauben. Foto: Susanne Schlaikier

Waldau/MZ - Die Handgriffe sind fast schon routiniert: Nur die reifen, vollen Trauben schneidet Andreas Severin ab und sammelt sie in einem Eimer. Jedes Jahr hilft der Verwaltungsmitarbeiter der Hochschule Anhalt bei der Weinlese auf dem Lehr- und Versuchsweinberg „Waladala“.

So auch an diesem Freitag, an dem die diesjährige Ernte begonnen hat. Und das bei strahlendem Sonnenschein. Weinbau ist zwar nicht sein Fachgebiet, aber er trinkt hin und wieder gern ein Glas Wein, am liebsten einen weißen, halbtrocken ausgebaut.

Und Andreas Severin ist von Anfang an dabei gewesen, hat geholfen, den Weinberg mit anzulegen. „Es ist schön zu sehen, was daraus geworden ist“, sagt der Verwaltungsmitarbeiter, der die Arbeit an der frischen Luft genießt. Außerdem könne man zwischendurch auch immer mal von den Trauben naschen.

So richtig zufrieden ist Dieter Orzessek, Professor im Ruhestand, aber in diesem Jahr nicht, nachdem die ersten drei Jahre äußerst vielversprechend waren – mit ähnlichen Bedingungen wie in südlicheren Gefilden.

„Es war ein schwieriges Jahr für den Wein“, sagt er. Das sei aber auch in anderen Weingegenden in Deutschland so. Besonders den roten Sorten fehlte die Sonne. Während es der Cabernet Cortis im vergangenen Jahr auf 127 Oechsle – also die Zuckerkonzentration, die in der Traube enthalten ist – brachte, sind es in diesem Jahr lediglich 84.

Bei den weißen Sorten sieht es etwas besser aus: Der weiße Souvignier gris hat 88 Oechsle. „Das könnte ein guter Wein werden“, meint Orzessek. Beim Souvignier Blanc hat er 84 gemessen. Auch Restbestände vom Grauburgunder werden geerntet.

Müller-Thurgau- und Pinotin-Trauben bleiben noch einige Tage an Weinstöcken hängen

Ein paar Tage länger bleiben indes die Trauben des Müller-Thurgau und des Pinotin hängen. Sie sollen noch ein bisschen Sonne abbekommen. Allerdings dürfe man auch nicht zu lange warten, weil es nachts inzwischen ziemlich kalt würde, sagt Orzessek.

Neben den fehlenden Sonnenstunden haben dem Wein auch mehrere Krankheiten zugesetzt. Die kühle, feuchte Witterung sei ideal für das Wachstum von Pilzen gewesen, die den Pflanzen geschadet haben.

Nur dreimal habe er in diesem Jahr gespritzt, erzählt Orzessek. Zu wenig, um den starken Befall zu verhindern. Daher wolle er künftig öfter zu Pflanzenschutzmitteln greifen. „Schließlich wollen wir von der Arbeit, die wir hier reinstecken, auch etwas haben“, sagt er. In diesem Jahr rechnet er mit einem Ertrag von 1.000 Kilogramm und etwa 750 Flaschen Wein.

Nun wird aber nicht nur untersucht, welche Sorten sich in dieser Lage am besten eignen. Untersucht wird auch, welche Auswirkungen das direkte Umfeld hat: So wurde zwischen den einzelnen Reihen Gras gesät, Blühstreifen angelegt oder die Zwischenräume frei gelassen.

„Wir wollen wissen, wie sich das auf den Ertrag auswirkt“, erläutert Orzessek. Denn schließlich seien die Pflanzen Konkurrenz für den Wein. Auf der anderen Seite würden Insekten davon profitieren, denn auch im Weinberg soll es eine hohe Biodiversität geben.

Andreas Severin erntet die reifen Trauben.
Andreas Severin erntet die reifen Trauben.
Foto: Susanne Schlaikier

Zu den 14 Helfern zählt wie jedes Jahr auch Robert Hanauska, der mit einer Kiepe durch den Weinberg ging und die Trauben einsammelte. Auch Mandy Brunner ist eine erfahrene Kraft: Sie habe den Wein schon mit angepflanzt, erzählt die Mitarbeiterin der Hochschule.

„Es ist spannend zu sehen, was aus den Reben wird, die man selber angepflanzt hat“, sagt sie. Ihre Lieblingsweinsorte wird sie in Waldau aber nicht finden. „Ich liebe Riesling“, sagt sie. Trocken oder halbtrocken ausgebaut, trinkt sie ihn gern.

Nach getaner Arbeit gab es für alle Helfer wieder Brotzeit - in diesem Jahr erstmals auf der neu errichteten Terrasse, inklusive herrlichem Blick auf die Stadt.