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Drogensüchtiger vor Gericht in Bernburg 26 geladene Zeugen mussten nicht aussagen

Warum der Angeklagte trotz eines ausführlichen Geständnisses keine Haft auf Bewährung bekam, hat das Schöffengericht begründet.

Von Carsten Roloff 15.05.2021, 15:00
Ein Häftling schaut aus dem Fenster seiner Gefängniszelle
Ein Häftling schaut aus dem Fenster seiner Gefängniszelle (Foto: dpa)

Bernburg - Ein Verhandlungsmarathon drohte: 26 Zeugen waren am Mittwoch vor dem Amtsgericht Bernburg geladen, sollten die in der Anklageschrift gegen den 28-jährigen Mandanten von Rechtsanwalt Marian Peter-Bohley erhobenen Vorwürfe bestätigen. Und dabei handelte es sich nicht um Kavaliersdelikte: Mehrfaches Fahren ohne Fahrerlaubnis und unter Drogeneinfluss, dreifacher Betrug, Besitz von Betäubungsmitteln und eine vorsätzliche Körperverletzung.

Die Taten hat der gebürtige Altjenaer zwischen dem 4. August 2019 und dem 6. Februar 2020 begangen. Allein schon für das Vorlesen der Anklage benötigte die Staatsanwältin mehr als 20 Minuten. Doch aus dem Marathon wurde im Endeffekt ein Mittelstreckenlauf.

„Vor der Verhandlung hat es eine verfahrenseinheitliche Absprache mit dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung gegeben. Der Angeklagte hat die ihm vorgeworfenen Taten vollumfänglich gestanden“, sagte Strafrichter André Stelzner, der im Vorfeld prophylaktisch sieben Prozesstage angeordnet hatte. Auf die Einvernahme der Zeugen konnte somit verzichtet und das Verfahren beschleunigt werden.

Trotz der geständigen Einlassung und der Aussicht auf eine Langzeittherapie folgte André Stelzner dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den nicht einschlägig vorbestraften Mann, der jedoch bereits acht Einträge im Bundeszentralregister hatte, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Diese Strafe wird wegen der ungünstigen Sozialprognose aus Sicht des Schöffengerichts nicht zur Bewährung ausgesetzt.

„Ohne Ihr Geständnis hätte eine Drei vor dem Komma gestanden. Sie haben keine Verbrechen begangen, aber die Anzahl Ihrer Straftaten hat den Rahmen gesprengt“, sagte André Stelzner und fügte mit einem Sprichwort im Hinterkopf hinzu: „Viel Kleinvieh hat viel Mist gemacht.“ Verteidiger Marian Peter-Bohley hatte bei seinem Plädoyer eine Bewährungsstrafe für angemessen gehalten, zumal sein Mandant sich einer Langzeittherapie wegen seiner Suchtprobleme unterziehen wird und er die ersten Schritte eingeleitet hat. (mz)