Praktische Aktionen statt Bürokratie
Gatersleben/MZ. - Wurde die Dienstgemeinschaft, die seit 1974 die evangelischen Kirchengemeinden rund um den Concordia-See verbindet, unter ihrer Obhut doch über mehrere Jahrzehnte hinweg mit Leben erfüllt.
Gegründet wurde diese Gemeinschaft, "weil wir eine nachbarschaftliche Kooperation versuchen wollten, die bisher so nicht üblich war", erinnert sich Gründungsvater Christoph Schröter, der damals in Ballenstedt als Kreisoberpfarrer tätig war und nun im Ruhestand ist.
Ein ungewöhnliches Unterfangen, zumal die Orte, die seitdem eng zusammengewachsen sind, unterschiedlichen Landeskirchen angehören. So befinden sich Gatersleben, Friedrichsaue, Nachterstedt, Neu Königsaue und Schadeleben in der Kirchenprovinz Sachsen. Frose, Hoym, Radisleben und Badeborn gehören dagegen zur Landeskirche Anhalt.
"Wir haben gemeinsame Versammlungen durchgeführt, Gottesdienste und Gemeindefeste, Kindertage und Kirchenältesten-Treffen", zählt Schröter die Art der Zusammenarbeit auf. Die wurde ehrenamtlich von vielen engagierten Mitarbeitern - von Pfarrern, Katecheten und Kirchenältesten, die neugierig auf die Nachbarorte waren - vorbereitet. Freiwillig und auf eigene Kosten und damit unabhängig von bestehenden Kirchengesetzen. Für Marlene Scholz genau das Richtige. 1976 hatte sie die Leitung der Dienstgemeinschaft von ihrem Mann, Dr. Günter Scholz, übernommen, weil er zum Präsus der Kreissynode gewählt wurde. "Ich war ein Mittelding zwischen Sekretärin und Koordinatorin, war Gesprächsleiterin und hatte die Akten in Verwaltung", beschreibt sie ihre ehrenamtliche Arbeit, die sie 31 Jahre lang begleitet hatte. Eine lange Zeit, die sie nur durchgehalten hatte, weil sie nicht berufstätig war, gibt die Gaterslebenerin zu.
Ihren Beruf als Lateinlehrerin ausüben konnte sie - bis auf eine kurze Zeit nach der Wende - nämlich nicht. "Weil ich in der Kirche stark engagiert war, war eine Anstellung als Russisch-Lehrerin nicht möglich", erklärt die Christin. Dafür unterrichtete sie in der Volkshochschule, kümmerte sich um ihre Familie und war auch ehrenamtlich tätig. "Praktische Aktionen statt Bürokratie", das war dabei ihr Credo. Aktionen, durch die die Menschen über Kirchengrenzen hinweg zusammengewachsen sind. "Wie eine große Familie."
Doch nun zog sie selbst einen Schlussstrich. "Ich gebe mein Amt ab, weil ich das Gefühl habe, ich kann nichts Neues mehr einbringen - und es wird mir auch ein bisschen zu viel", gibt die rüstige Seniorin, die inzwischen immerhin schon 75 Jahre alt ist, zu.
Nun freut sie sich auf ihre Familie. "Ich genieße es, jetzt mehr Zeit zu haben", meint die Gaterslebenerin, die sich nun mehr um ihre sieben Enkel kümmern möchte. "Zudem bin ich eine begeisterte Gärtnerin mit großem Garten, mache Keramik- und Handarbeiten und schreibe ausgesprochen gern Briefe." Und dann habe sie noch eine "kleine Spielecke" in Westdorf. Dort war Marlene Scholz, die auch Gottesdienste halten darf, ein Jahr als Vakanzvertretung tätig und betreut noch immer ihre Frauengruppe.