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Polizei-Studium in Aschersleben Polizei-Studium in Aschersleben: "Schafft man nicht jeden Tag"

Von Kerstin Beier 11.06.2014, 16:53
Sissy Grathenauer bringt den „Geretteten“ in die stabile Seitenlage.
Sissy Grathenauer bringt den „Geretteten“ in die stabile Seitenlage. Frank gehrmann Lizenz

aschersleben/MZ - Aus dem Abend über den Büchern ist dann doch nichts mehr geworden. Trotz aller guten Vorsätze und trotz der anstehenden Prüfungen. „Seinen Rettungsschwimmer schafft man ja schließlich nicht jeden Tag“, bereut Sissy Grathenauer den fröhlichen Abend mit den Mitstudenten nicht. Schließlich haben sie und einige ihrer Kommilitonen an diesem Tag eine wichtige Hürde genommen. Jeder künftige Polizist muss Fähigkeiten als Rettungsschwimmer nachweisen. Deshalb gehören ein mehrwöchiger Kurs und eine abschließende Prüfung zum Pflichtprogramm.

Rückblende: Die jungen Leute stehen mit ihren Sporttaschen vorm Ballhaus. Sissy ist anzusehen, dass ihr die Prüfung nicht ganz einerlei ist - auch wenn sie die Aufregung weglächelt. Der Ton zwischen ihr und den jungen Männern ist locker. Man spürt: Die anfängliche Scheu ist überwunden, die Männer und Frauen sind angekommen in ihrer Seminargruppe und verstehen sich gut. Wenig später, nach einem kurzen Wortwechsel mit Daniel Kühne, Ausbilder bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, schwimmt sie die ersten Meter zum Warmmachen. Ihr sei etwas mulmig, hatte sie zuvor gesagt. „Ich stehe dazu, wenn ich was nicht kann“, meinte sie und glaubt, dass diese Eigenschaft Respekt und Rückhalt einbringt bei den Kollegen. Das Rückenschwimmen gehört zu den Tätigkeiten, auf die sie gut verzichten könnte. „Rückenschwimmen ist das Schlimmste, was es gibt. Ich laufe ja kilometerweit ... aber Rückenschwimmen!“ Heute kann sie sich aussuchen, in welcher Schwimmart sie zum „Erschöpften“ am Ende des Bassins schwimmt. Hauptsache, sie legt die 20 Meter Distanz in möglichst kurzer Zeit zurück. Denn fürs Schwimmen, Tauchen, Rettungsgriff, das Schleppen und An-Land-Bringen der zu rettenden Person müssen drei Minuten reichen. Eine ehrgeizige Vorgabe, und selbst die durchtrainierten Jungs haben zu kämpfen. „Bei vielen fehlen einfach die Schwimmkompetenzen“, weiß Daniel Kühne von der DLRG aus langjähriger Erfahrung. Ihm ist klar, dass die Norm ohne regelmäßiges Training schwer zu schaffen ist und er bedauert es, dass das Schwimmen nicht viel länger zum Schulsport gehört. Deshalb sei der Sechs-Wochen-Kurs, den die Polizeischüler absolvieren müssen, das Minimum. Bei Sissy sieht es gut aus heute. Zügig schwimmt sie zum „Verletzten“, schleppt ihn zum Beckenrand, und auch der Griff, mit dem sie ihren Studienkollegen aus dem Wasser hievt, sitzt. Am Ende reicht es für sie zum Rettungsschwimmer auf Bronzeniveau. Anerkennung quittiert sie mit einem Lächeln und einem bescheidenen „Na ja, man gibt sich ja Mühe.“

Mühe gibt sie sich auch in den anderen Studienfächern. Bisher hätten sich die Erwartungen, die sie an ihr Studium stellte, erfüllt. Ihr erstes Referat wurde mit elf Punkten bewertet. Das entspricht einer „Zwei“. „Ich war nicht ganz zufrieden mit mir“, sagt sie im Nachhinein. „Aber ich mache mich immer selber so verrückt.“

In den nächsten Tagen stehen weitere Prüfungen an, und das erste Schießtraining hat sie bereits hinter sich. „Ich bin ganz glücklich mit meiner Berufswahl“, zieht sie ein erstes Resümee. Auch in ihrer Seminargruppe komme sie gut klar. Dass hier nur vier Frauen zwischen 16 Männern studieren, führt bei Freund Marcel manchmal zu kleinen Eifersüchteleien. „Aber er arbeitet bei einer Bank ja auch zwischen vielen Frauen“, lacht sie. Da müsse gegenseitiges Vertrauen schon da sein.

In der Prüfungszeit fährt sie nur am Wochenende ins heimische Haldensleben, sonst auch mal zwischendurch. Doch die Fahrerei koste Kraft und Zeit. Die nutzt sie lieber zum Lernen, um sich fürs Wochenende Freiräume zu schaffen. Am kommenden Wochenende allerdings ist sie in Aschersleben eingespannt: Beim Tag der offenen Tür demonstriert sie den Besuchern polizeiliches Handlungstraining.