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Jüdische Geschichte Jüdische Geschichte in Aschersleben: Erinnerung an Ehepaar Bendix aus der Taubenstraße

Von Claudia Andrae und Lars Bremer 03.06.2017, 12:45
Hedwig (l.) und Else Bendix 1928 in ihrem Geschäft in der Taubenstraße 4 .
Hedwig (l.) und Else Bendix 1928 in ihrem Geschäft in der Taubenstraße 4 . Redaktion/Archiv

Aschersleben - Zum Einzelhandel in der Innenstadt von Aschersleben gehörten bis in die 1930er Jahre auch etliche Geschäfte mit jüdischen Inhabern. In der belebten Taubenstraße befand sich bis zum Jahr 1938 das Korsett- und Wäsche-Spezialgeschäft „Geschwister Bendix“, das die Schwestern Else und Hedwig Bendix 31 Jahre lang betrieben. Sie kamen 1907 von Halberstadt nach Aschersleben und kehrten dorthin nach dem Novemberpogrom 1938 zurück. Else und Hedwig Bendix waren jüdischen Glaubens.

Else, geboren am 13. Oktober 1882 in Halberstadt, und Hedwig, geboren am 4. November 1885 ebenfalls in Halberstadt, kamen zusammen mit ihrer Mutter, der Witwe Lina Bendix, nach Aschersleben. Sie übernahmen das Korsettgeschäft ihrer älteren Schwester Therese Bendix, das sich erst auf dem Tie 17, später in der Breiten Straße 9 befand (in dem Geschäft ist heute der Raumausstatter Stockmann).

1925 zog das Geschäft von der Breiten Straße 9 in die Taubenstraße

1925 wurde das Korsettgeschäft dann schließlich in den größeren und modern eingerichteten Laden in der Taubenstraße 4 verlegt. Die Wohnung der Schwestern war im selben Haus. In dem Geschäftslokal befindet sich heute die Chocolata-Filiale.

Das Korsetthaus der Geschwister Bendix war damals das einzige entsprechend spezialisierte Fachgeschäft in Aschersleben. Außer Korsetts wurden Luxuswäsche und Strümpfe geführt. Werbeanzeigen in der Tageszeitung „Anzeiger“ aus den 1920er Jahren belegen, mit welchem hohen Anspruch Else und Hedwig Bendix das Geschäft betrieben. Man kann sagen: Es wehte ein Hauch von Amerika durch Aschersleben.

Firma wurde „arisiert“ und bekam neue Inhaberinnen

Unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde die Firma Bendix „arisiert“. Die neuen Inhaberinnen Frida Bunar und Charlotte Krappe übernahmen das Korsettgeschäft am 14. November 1938. Else und Hedwig zogen zurück zu ihren Verwandten nach Halberstadt. Ihre letzte Wohnanschrift war in der Straße Westendorf 34a, in einem sogenannten „Judenhaus“.

Am 12. April 1942 wurden Else und Hedwig Bendix mit vielen anderen jüdischen Bewohnern Halberstadts ins Warschauer Ghetto deportiert. Dort verlieren sich ihre Spuren. Man muss davon ausgehen, dass sie ermordet wurden.

Arbeitskreis „Geschichte jüdischer Mitbürger in Aschersleben“ sucht noch Paten

Für September dieses Jahres wird die Verlegung weiterer „Stolpersteine“ in Aschersleben geplant. Zwei Steine vor dem Haus Taubenstraße 4 sollen die Erinnerung an Else und Hedwig Bendix wach halten. Der Arbeitskreis „Geschichte jüdischer Mitbürger in Aschersleben“ sucht noch Paten für die Finanzierung dieser Bodendenkmale. Der Künstler Gunter Demnig berechnet 120 Euro für Herstellung und Verlegung eines „Stolpersteins“. Diesen Betrag können sich auch mehrere Personen teilen. Vereine, Schulen oder Firmen können ebenfalls Paten werden.

››Wer seine Patenschaft Else und Hedwig Bendix widmen möchte, schreibt an [email protected] oder wendet sich an den Arbeitskreis „Geschichte jüdischer Mitbürger in Aschersleben“.  (mz)

Annonce des Korsettgeschäfts Bendix im „Anzeiger“ im Mai 1930.
Annonce des Korsettgeschäfts Bendix im „Anzeiger“ im Mai 1930.
Redaktion/Archiv