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Blues im Grauen Hof Herbstblues-Festival im Grauen Hof in Aschersleben: Eindringlich und voller Seele

Von Marianne Bothe 16.10.2017, 08:57
Von Anfang an dabei - die Autumn Blues Band.
Von Anfang an dabei - die Autumn Blues Band. Frank Gehrmann

Aschersleben - „That's my blues for you.“ Gut gelaunt, hör- und sichtbar spielfreudig steigt die Autumn Blues Band ins Wochenendprogramm und gibt dem treuen Publikum, was zahlreich gekommen war, zu hören: Musik aus der klassisch schwarzen Kiste, einfach und eher schwermütig, drei Akkorde über zwölf Takte.

Die gut gefüllte Musikalienkiste, über die Jahre bunt angereichert, von vielen Seiten zugänglich. Aber das immer handgemacht, eindringlich, voller Seele. Blues erzählt Geschichten, die das wahre Leben schreibt. Oder eben die Musiker.

Szene trifft sich zum 25. Mal im Grauen Hof in Aschersleben

Zum 25. Mal schon feierte die regionale Blueser-Szene mit internationalen Gästen das Herbstblues-Festival in Aschersleben. Hier wo alles begann, im Grauen Hof. Und mit der Autumn Blues Band, ohne die der Herbst-Blues ohnehin nicht denkbar wäre. Die Band vom Ursprung und mit dem unangefochtenen Heimbonus gibt am Freitag den Opener für zwei ausgedehnte Abende, bevor sie nochmals, zum abschließenden Sonntagsbrunch zwischen Frühstück und Mittag das musikalische Seelenfutter beisteuern wird.

Die Truppe um Sänger und Gitarrist Micha Berndt nimmt also zum Auftakt die Leute im vollen Saal gleich vom ersten Ton an mit auf Tour zu Gottvater Blues, den sie damals, vor mehr als 25 Jahren, trafen, der ihnen ins Blut ging und dem sie in ihrer langen Bandgeschichte an ganz vielen Orten immer wieder huldigen. Mit Klassikern bekannter Musikgrößen, Freitagabend von Klaus (Renft) bis Carlos (Santana), oder auch mit eigenen.

Edi Fenzl Band mag es krachend laut

„Godfather Blues“ ist so einer. „Der ist beim dritten oder vierten Bluesfestival entstanden“ erinnert der Frontmann bei der Ankündigung. Der väterliche Spirit fließt denn auch vom pulsierenden Blut in alle Gliedmaßen. Über die Finger von Steffen „Murphy“ Wendel direkt in die Gitarre, Saiten und Körper, auch über Lunge und Lippen von Christian Kaiser ins Saxophon oder gibt den Händen und Füßen von Uwe Schmidt das Tempo und den Swing an den Drums.

Alle Vier beherrschen sie ihre Instrumente, bewegen sich so irgendwo zwischen Schlagen, Streicheln und Liebkosen derselben. Herauskommt in ihren Soli, Zwie-, Dreier- und Vierergesprächen eine bluesige Mischung ausdrucksstarken Gesangs, rockiger, harter oder souliger bis hin zu jazzigen Klängen. „Geil!“, entfährt es Micha Berndt. Die Stimmung könnte besser nicht sein, als er „ihren Helmut“ und schließlich die Nachfolger im Festivalprogramm ankündigt, „die direkt aus Wien eingeflogen sind“. Denn nach einer guten halben Stunde ist erstmal kurz Schluss.

Es wird härter und lauter, krachend laut, als die österreichische Edi Fenzl Band die intime Bühne betritt. Drei coole Typen mit Hut und Sonnenbrille, Gitarre, Bass und Schlagzeug. Totenkopf nebst einem blauen Blümchen, im Logo und schaukelnd an der Hutkrempe, steht für instrumental geführten Bluesrock und eigene Gewitztheit. Jimi Hendrix lässt grüßen, soll er auch. Texas Rock und Country klingen mit. Wer mag, kann in der Verschnaufpause „ein Vinyl“ der Band erstehen. Oder auch eine CD, eine Kassette. Edi Fenzl schmeißt eine Runde Papp-Bierdeckel mit dem Band-Logo unters Publikum, da ist es fast Mitternacht, und macht Platz für Programmpunkt Nummer drei des Eröffnungsabends: Krautblues und Andi Valandi.

Was passiert jetzt? „Eine junge, unkonventionelle Truppe.“ Ernst-Karl vom Böckel im Kunstquartier wagt ganz angetan eine Prognose: „Von denen wird man noch einiges hören in Zukunft.“

Aufbau, Soundcheck und Schuhe aus. Der Keyboarder bleibt barfuß, die Mädchenfrau setzt sich hinters Schlagzeug und der sehnige Sänger und Gitarrist Andi singt sogleich aufreizend ins Mikro. Als käme er direkt von der Straße, irgendwo aus einer dunklen Kneipe. Soll auch zeitweise so gewesen sein. Ein echter junger Punk aus Dresden mit markanter, starker und rotziger Stimme. Ein Rock'n'Roll-Mann und Liedermacher. Seine Songs mit eigenen deutschen Texten unangepasst, ungewöhnlich, uneitel, dafür ehrlich, direkt und frech. Andi zog Keyboarder Frank und Schlagzeugerin Yvonne auf seine musikalisch-rebellische Weltsicht-Seite. Gemeinsam touren sie mit Punk- und Bluesriffs, machen mit ihnen, was sie wollen. Sie wollen Freiheit und Genießen. Wollen ihren „dreckschen Blues“ vom Hunger, vom Durst, von Jungen und Alten, Armen und Reichen und natürlich auch von der Liebe in die Welt tragen. Das kommt hier in Aschersleben gut an, sorgt für Aufhorchen, gute Laune und am Ende begeisterten Zuspruch bei den späten Durchhaltern. Auch, oder vielleicht gerade, weil nicht alles so perfekt einstudiert rüberkommt. Musik ist alle, „die Gitarre ist im Arsch“. Mit am Ende drei gerissenen Saiten stellt sich Andi eben bloß mit der Mundharmonika nach vorn, singt und summt fröhlich und grinst frech: „Heute stehen wir nicht auf. Heute bleiben wir im Bett. Heut' gibt es Kaffee und Liebe.“

(mz)

Wenn die Edi Fenzl Band dran ist, wird’s lauter.
Wenn die Edi Fenzl Band dran ist, wird’s lauter.
Frank Gehrmann