Alte Menschen leiden unter Hitze Alte Menschen leiden unter Hitze: Salzverlust ausgleichen
Halle/MZ. - Der Geriatrie-Professor Ingo Füsgen von der Universität Witten / Herdecke formuliert es drastisch: "Wenn ich einen alten Menschen ein paar Stunden in die Sonne vors Heim setze, ist er unter Umständen danach tot." Rupert Püllen, Chefarzt der Geriatrischen Klinik des Frankfurter Diakonissen-Krankenhauses, gibt für sein Berufsfeld zu: "Wir alle haben die Gefahren der Hitze unterschätzt."
Die steigende Körpertemperatur führt zu Wasser- und Salzverlust. Das begünstigt Thrombosen, Embolien und Herzversagen. Typische Hitzefolgen sind Sonnenstich und Hitzschlag. Dass solche gravierenden Probleme bei alten Menschen weit schneller auftreten, liegt daran, dass im Alter die Fähigkeit zu schwitzen nachlässt. Der alte Mensch hat weniger Schweißdrüsen, der Körper speichert weniger Wasser und Senioren verspüren weniger Durst. Dazu kommt, dass manche alterstypischen Medikamente - zum Beispiel Antidepressiva oder Parkinson-Mittel - das Schwitzen zusätzlich beeinträchtigen.
Wie stark die Folgen der Hitze im vergangenen Jahr waren, zeigt ein Blick auf die Statistik der Stadt Frankfurt. Dort sterben im Jahresdurchschnitt 14 Menschen pro Tag. In den heißen Augustwochen 2003 zählten die Leichenschauhäuser täglich 50 Tote. "Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen vermehrten Todesfällen und höherer Temperatur", sagt Ursel Heudorfer, die für das Gesundheitsamt die Todesserie analysiert hat. "Und der Anstieg ist altersabhängig." Sie warnt aber vor voreiligen Schlussfolgerungen: "Das ist nicht nur ein Problem der Pflegeheime." Bei Verwandten oder allein lebenden Alten sei der Anstieg der Todesfälle genauso deutlich gewesen.
Schlimmstenfalls kommt es zu einem Hitzschlag - und der kann tödlich sein. Anzeichen sind mehr als 40 Grad Fieber, kein Schweiß und ein gestörtes Bewusstsein. "Rasche Kühlung ist dann lebensrettend", sagt Praktiker Püllen. Dann heißt es: Kleidung ausziehen, Eisbeutel auf den Körper und ab in die kalte Badewanne. Zu den Notfallmaßnahmen gehört auch eine Infusion mit Flüssigkeit.
Damit es gar nicht so weit kommt, muss die Vorbeugung verbessert werden. Es gilt, in Hitzezeiten zwei Maßnahmen im Blick zu haben: Schutz vor Überhitzung und Flüssigkeitszufuhr. Aber viel trinken ist nur die halbe Miete, betont Füsgen. "Es müssen auch Salze ersetzt werden, besonders Natrium, das Salz des Lebens."
Zu erkennen sei Natriummangel an Mattigkeit, unsicherem Gang oder Muskelschwäche. Für "den größten Schwachsinn" hält Füsgen daher natriumarmes Mineralwasser. Auch die salzarme Kost, die alten Menschen häufig empfohlen wird, sieht er an heißen Tagen kritisch. Altenpfleger-Ausbilderin Ingrid Hofmann empfiehlt als Geheimtipp: "Reiben Sie den Körper mit kaltem Pfefferminztee ab."