1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Finanzen
  6. >
  7. Nachlassaufnahme ohne Pflichtteilsberechtigte legitim

Urteil Nachlassaufnahme ohne Pflichtteilsberechtigte legitim

Wem aus einem Nachlass ein Pflichtteil zusteht, hat das Recht darauf, bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses dabei zu sein. Doch unter Umständen erlischt dieses Recht.

Von dpa Aktualisiert: 27.05.2022, 11:59
Pflichtteilsberechtigte können darauf bestehen, dass ein Notar den Nachlass eines Verstorbenen aufnimmt.
Pflichtteilsberechtigte können darauf bestehen, dass ein Notar den Nachlass eines Verstorbenen aufnimmt. Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Frankfurt/Berlin - Wenn ein Mensch stirbt, haben nahe Angehörige oft einen Anspruch auf den Pflichtteil des Nachlasses. Doch nicht immer ist klar, was der Nachlass überhaupt umfasst. Dazu braucht es das Nachlassverzeichnis, das Erben ebenfalls per Gesetz einfordern können. Und sie können fordern, dass ein Notar dieses Verzeichnis anfertigt. Erben dürfen bei der Erstellung sogar dabei sein.

Dafür muss der Notar mehrere Terminvorschläge machen. Lehnen Pflichtteilsberechtigte aber jeden vorgeschlagenen Termin ab, kann ihnen das Recht auf Hinzuziehung bei der Erstellung des Verzeichnisses entzogen werden. Das geht aus einem Urteil (Az. 10 W 29/21) des Oberlandesgerichts Frankfurt hervor, auf das die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins verweist.

Pauschaler Verweis auf die Corona-Lage genügt nicht

In dem konkreten Fall hatte eine Pflichtteilsberechtigte auf die Hinzuziehung bei der notariellen Aufnahme des Nachlassbestands gedrungen. Allerdings lehnte sie mehr als zehn Terminvorschläge des Notars ab. Die Begründungen: Abwesenheit des eigenen Anwalts, zu kurzfristig anberaumte Termine, Abwesenheit wegen eigenen Urlaubs sowie Vorsichtsmaßnahmen während der Corona-Pandemie. Daraufhin errichtete der Notar das Verzeichnis ohne die Anwesenheit der Pflichtteilsberechtigten. Diese rügte das Vorgehen.

Zu Unrecht, befand das Gericht. Das Verlangen der Pflichtteilsberechtigten, zur Aufnahme hinzugezogen zu werden, sei unter den gegebenen Umständen treuwidrig, da sie mit keinem der vorgeschlagenen Termine einverstanden war. Zudem genüge die pauschale Absage mit Verweis auf die Corona-Pandemie nicht. Die Pflichtteilsberechtigte hätte zumindest ihren Anwalt bitten können, bei der Erstellung des Verzeichnisses teilzunehmen.

Zwar müssen in der Regel mehrere Termine mit einer gewissen Vorlaufzeit angeboten werden. Wer aber bisher sämtliche Terminvorschläge – sei es auch zum Teil gerechtfertigt – abgelehnt hat, muss anschließend eine erhöhte Kooperationsbereitschaft erkennen lassen, um einen Termin zur Aufnahme des Verzeichnisses zu ermöglichen. Daran fehlte es hier, sodass der Notar berechtigt war, das Verzeichnis ohne die Pflichtteilsberechtigte aufzunehmen.