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Extra Extra: Galileo lotst aus dem Stau

Von Roland Knauer 10.04.2002, 11:16

Halle/MZ. - Die Satellitennavigation mit Galileo will dem Autofahrer nicht zeigen, wie er nach Hause kommt," klärt Thomas Steffesvom Raumfahrtkonzern Astrium in München einen häufigen Irrtum auf. Denn seinen Weg kennt der Fahrer wohl. Aber niemand weiß so recht, ob der normale Weg frei ist oder ob sich nicht gerade auf dem Schleichweg neben der Hauptstraßeein Stau gebildet hat. In einiger Zukunft dürfte eine nette Stimme aus dem Navigationscomputer den Fahrer auf der derzeit günstigsten Route nach Hause führen. Die nächsten Schritte auf dem Weg zum selbstverständlichen Zubehör allerAutoklassen haben am 26. März die Verkehrsminister der Europäischen Union und die europäische Raumfahrtorganisation ESA beschlossen: Gemeinsam mit Kanada wollen die Europäer das Satelliten-Ortungssystem Galileo auf die Beine stellen, das viel mehr als nur eine Wiederholung des altbekannten amerikanischen GPS (Global Positioning System) ist.

Der quirlige Kommunikations-Mitarbeiter vom Raumfahrt-Konzern Astrium in München ThomasSteffes erläuter t das Prinzip der von seinem Unternehmen gebauten dreißig identischen Satelliten: Jeder wiegt 625 Kilogramm und ähnelt mit den Maßen von 2,7 mal 1,2 mal 1,1 Metern im Prinzip einem etwas dick geratenem Sideboard. ZweiFlügel mit Solarzellen wandeln Sonnenlicht in elektrischen Strom, der wiederum in einer Batterie gespeichert wird. Eine ultragenaue Atomuhr an Bord wird weltweit die genaue Uhrzeit und das Peilsignal liefern, das ein 75-Watt-Senderan Bord in Richtung Erde strahlt. Zusätzlich gibt es noch einen Empfänger, der Signale für Bahnkorrekturen vom Boden empfängt und Lageregelungsdüsen, die jeden Satelliten nichtmehr als fünf Kilometer von seiner vorgesehenen Bahn abweichen lassen. Drei Ariane-5-Raketen sollen jeweils acht Satelliten starten. Die restlichen sechs Galileos werden bis zum Jahr 2008 von drei Sojus-Raketen in ihre 23616Kilometer hohen Umlaufbahnen geschossen. Dort sollen 27 Satelliten permanent mindestens fünfzehn Jahre lang ihre Ortungssignale ausstrahlen, die drei restlichen Galileos kreisen als Reserve im Orbit. Das ist einer der wichtigen Unterschiede zu GPS: Galileo soll garantiert immer verfügbarsein. GPS dagegen fiel in den letzten Jahren bereits mehrmals auf Grund angeblicher technischer Probleme aus und im Kosovo-Krieg schalteten die Amerikaner GPS absichtlich ab. Der Luftverkehr bekam das empfindlich zu spüren.

Die Ortung selbst erfolgt immer gleich: Ein Empfangsgerät am Boden muss zumindest die Signale von drei Satelliten empfangen, um mit Hilfe einfacher geometrischer Berechnungenseine Position auf weniger als fünf Meter genau zu bestimmen. Wird ein vierter Satellit empfangen, kann auch noch die Höhe exakt bestimmt werden, diese Information ist zum Beispiel für Verkehrsflugzeuge wichtig. Hier liegtder zweite Vorteil: Galileo ist genauer als das heute verfügbare GPS. Mit Hilfe weiterer Informationen kann man die Position oft dezimetergenau bestimmen. Die Europäische Kommission nennt einen einleuchtenden Vergleich: "Mit GPS kann der Autofahrer leicht die Straße identifizieren,auf der er fährt. Galileo aber zeigt ihm die Garage, in der sein Wagen steht." Da die Frequenzen sehr ähnlich sind, kann ein Empfänger GPS und Galileo gleichzeitig auswerten. Das führt vor allen in den Straßenschluchten der Großstädtezu erheblichen Vorteilen: Wer bisher nur in jedem dritten Fall seine Position auf fünfMeter genau bestimmen konnte, weil sein Empfängerzu wenig GPS-Satelliten gesehen hat, solltemit Hilfe von Galileo plus GPS mit 93 ProzentSicherheit erfahren, wo er sich exakt befindet.

Insgesamt sieben Milliarden Euro sollen dieInstallation von Satelliten und Bodenstationenbis zum Jahr 2020 kosten. Der Brenner-Basistunneldurch die Alpen wird mehr als das Doppeltekosten. Im Gegenzug rechnet die EU mit mehrals hunderttausend neuen Arbeitsplätzen. Fürjeden investierten Euro sollen selbst beisehr vorsichtiger Kalkulation mindestens 4,6Euro zurück fließen.