Autobauer Autobauer: Neue Technologien zum Spritsparen

München/Ingolstadt/dpa. - Beschleunigungsorgien und Vollgasfahrten lassen selbst beisparsamsten Motoren den Verbrauch in die Höhe schnellen. Deshalbbegeben sich Autoentwickler unter die Pädagogen: Sie tüfteln an neuenTechnologien, die Bleifüße zu Spritsparen erziehen sollen.
Für Motorenbauer undFahrzeugentwickler ist es ein Graus: Da können sie noch so sparsameAntriebe und leichte Autos konstruieren - doch allein mit ihremFahrstil machen viele Autofahrer das Gros dieser Bemühungen wiederzunichte. Denn bis zu 20 Prozent des Verbrauchs hängen allein vomFahrer ab, sagt Hans-Georg Marmit von der SachverständigenvereinigungKÜS. «Wer früher hoch und später runter schaltet, vorausschauendfährt und besonnen beschleunigt, kommt oft mit zwei bis drei Liternweniger aus», fasst er die gängigen Spartipps zusammen.
Das individuelle Fahrverhalten spielt zwar - anders als eineStart-Stopp-Automatik oder Benzin-Direkteinspritzung - für dieErmittlung des Normverbrauchs eines Wagens keine Rolle. Denn dieAutohersteller testen ihre Fahrzeuge in einem festgeschriebenenZyklus. Allerdings weichen diese Angaben oft von der Praxis ab. Umauch den realen Spritverbrauch zu senken, entwickeln viele Herstellertechnische Details, die notorischen Bleifüßen das Leben schwer machensollen.
Das jüngste Beispiel ist das Eco-Pedal in der Infiniti-LimousineM37: Tritt der Fahrer dort fester aufs Gas als nötig, baut das Pedalnach Angaben des japanischen Herstellers einen sanften Gegendruckauf. Das fühle sich zwar gewöhnungsbedürftig an, räumt PressesprecherWayne Bruce ein, es sei aber sehr wirkungsvoll: «Praxistests haben 10Prozent Einsparung ergeben.»
Einen anderen Ansatz hat BMW jetzt in einem Forschungsfahrzeugpräsentiert, das nach Unternehmensangaben bereits «relativ nah an derSerienreife» ist. Die Entwickler haben für einen 5er GT einenEco-Modus programmiert. Dieser beeinflusst nicht nur Motorsteuerung,Automatikgetriebe und Nebenverbraucher, sondern bietet auch einespezielle Leerlaufregelung: «Sobald man den Fuß vom Gas nimmt, gehtdie Automatik in den Freilauf, und der Motor fährt nur noch mitStandgas», sagt Christof Schulze. «Dann 'segelt' das Auto und brauchtviel weniger Sprit», erläutert der BMW-Ingenieur und verweist aufeine kleine, blaue Jolle, die immer dann auf einem Monitor im Cockpitauftaucht, wenn kein Gas mehr gegeben wird.
Um den Fahrer zum «Segeln» zu ermutigen, setzen die Entwickler aufden Weitblick der Navigation: Lange bevor der Fahrer vom Steuer ausein Tempolimit, einen Ortseingang, scharfe Kurven, Kreisverkehre oderKreuzungen erkennen kann, wird er vom Bordcomputer aufgefordert, denFuß vom Gaspedal zu nehmen - und gleitet dann mit dem richtigen Tempoan die entsprechende Stelle heran. «Über Land kann man so oft mehrals 20 Prozent einer Strecke 'segeln'», hat Schulze getestet undeinen deutlichen Verbrauchsvorteil ausgemacht: «Im Durchschnitterzielen wir damit eine Einsparung von 10 bis 15 Prozent.»
Mit dem Eco-Modus ist BMW nicht alleine: Eine ähnliche Funktionwird mit dem neuen A6 auch bei Audi eingeführt. Zwar verzichten dieEntwickler dort auf das «Segeln». Doch lassen sich bei der neuenLimousine per Knopfdruck ebenfalls Motorsteuerung und Schaltpunkteder Automatik verändern und Nebenverbraucher wie die Klimaanlage aufSparflamme setzen, erläutert Pressesprecher Albrecht Trautzburg.
Neben solchen technischen Finessen setzen immer mehr Herstellerauf die spielerische Motivation des Fahrers mit Grafiken undBonussystemen. Wie in einem Computerspiel sammelt man dann durch einebesonders sparsame Fahrweise Okö-Punkte. Sie lassen auf Monitorenetwa im Honda Insight Blumen sprießen oder im Mini Goldfische durchein Aquarium springen. «Das klingt albern», meint Honda-SprecherAlexander Heintzel. Doch die elektronische Spielerei zeige Wirkung:«Der Verbrauch geht in der Praxis um bis zu 10 Prozent zurück, wennsich die Fahrer um die virtuelle Plantage kümmern.»
Wie viel Einfluss der individuelle Fahrstil auf den Verbrauch hat,belegt auch eine jüngst veröffentliche Analyse von Fiat. Dafür hatder italienische Hersteller die Daten der «eco:Drive»-Softwareausgewertet - ein kostenloses Computerprogramm, mit dem die Besitzerbestimmter Fiat-Modelle laut Pressesprecher Thomas Kern ihrenFahrstil analysieren können. Dafür müssen sie die Daten desBordcomputers mit einem USB-Stick auf ihren PC übertragen. Auf derBasis von 428 000 Einzelfahrten von 5700 Fahrern aus fünf Ländern hatFiat ermittelt, dass sich der Verbrauch durch dieses System imSchnitt um 6 und bestenfalls um bis zu 16 Prozent senken lässt.
Das ist schon für jeden Einzelnen eine große Errungenschaft, weilman dann bei einem Fahrzeug der Kompaktklasse rund einen Literweniger auf 100 Kilometer verbraucht oder mit einer Tankfüllung biszu 200 Kilometer weiter fahren kann. Und hochgerechnet sind dieZahlen noch viel imposanter, sagt Kern: «Würden alle Autofahrerinnerhalb der Europäischen Union nur die durchschnittlicheVerbesserung erreichen, würden jährlich rund 34 Millionen Tonnenweniger CO2 freigesetzt.»