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Silver Lining Suite Jazz-Virtuosin Hiromi: Silberstreif mit Streichquartett

Ist das noch Jazz? Oder schon Klassik? Für die japanische Pianistin Hiromi zählt nur, was das Herz bewegt. Auf ihrem neuen Album spielt sie mit einem Streichquartett - und wieder ist sie brillant.

Von Werner Herpell, dpa Aktualisiert: 12.10.2021, 06:01
Die Corona-Pandemie findet auf dem neuen Album von Hiromi ihren Widerhall.
Die Corona-Pandemie findet auf dem neuen Album von Hiromi ihren Widerhall. Mari Amita/dpa

Berlin - Hiromi Uehara ist eine klassisch bestens ausgebildete Pianistin, und das hörte man ihrem virtuosen Jazz schon oft an. So interpretierte die Japanerin auf dem bisher letzten Album „Spectrum“ (2019) in atemberaubender Brillanz George Gershwins „Rhapsody In Blue“ (1924) und legte dessen Jazz-Kern frei.

Zwei Jahre nach diesem Solo-Paradestück nun also eine konsequente Fortsetzung an der Schnittstelle zweier Musikgenres: „Silver Lining Suite“, das neue Album von Hiromi (so ihr Künstlerinnen-Kurzname), präsentiert die 42-Jährige mit einem Streichquartett. „Ich glaube, es gibt nur zwei Genres“, sagt sie. „Das Genre, das mein Herz bewegt, und das Genre, dem dies nicht gelingt. Daher ist es mir egal, wo dieses Album eingeordnet wird.“

Die in neun Stücke gegliederte Suite für Klavier und Streicher nimmt klar Bezug auf die Zeit der Pandemie - mit Titeln wie „Isolation“ oder „Uncertainty“ (Unsicherheit). Mal driftet Hiromi in jazzige Improvisationen ab (ohne dass es anstrengend „free“ würde), dann wiederum verschmilzt das Klavierspiel mit den Klängen von Violine, Viola und Cello. Dass sie eine hervorragende Komponistin ist, beweisen aufs Neue ihre bewegenden Melodien und spritzigen Grooves.

Hiromi begann ihre Jazz-Karriere sehr jung - das Debüt erschien mit Anfang 20. Ein Duett-Album neben Piano-Legende Chick Corea (2008), ein gefeiertes Trio-Projekt mit Anthony Jackson (Bass) und Simon Phillips (Schlagzeug) sowie mehrere Solowerke folgten. Jazz-Experte Al Campbell vom Internet-Portal „Allmusic“ lobte „ihre technische Beherrschung des Instruments, ihr dynamisches Gefühl für Harmonie, ihre rhythmische Sensibilität - mal athletisch, mal beseelt“.

Zuletzt wurde Hiromi eingeladen, bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Tokio aufzutreten - nach dem auch für sie sehr traurigen Corona-Jahr „ein Silberstreif am Horizont“. Danach hat sie nun ihr neues Album benannt, das sie endgültig in die Meister-Klasse der zeitgenössischen Jazz-Pianisten führen dürfte.