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Autorin Neuer Krimi: J.K. Rowling und der Hass im Netz

J.K. Rowling hat mit „Harry Potter“ Literaturgeschichte geschrieben. Seit Jahren schreibt sie aber auch erfolgreich unter Pseudonym Krimis. In ihrem neuesten Werk steckt viel von ihren eigenen Erfahrungen.

Von Britta Schultejans, dpa Aktualisiert: 17.10.2022, 15:33
J.K. Rowling schreibt unter Pseudonym Krimis.
J.K. Rowling schreibt unter Pseudonym Krimis. Joel C Ryan/Invision via AP/dpa

London - Spätestens bei einer Episode ihres neuen Buches wird klar, dass es hier um mehr geht als nur eine ausgedachte Geschichte: Im Krimi „Das tiefschwarze Herz“, das die „Harry Potter“-Erfinderin J.K. Rowling unter ihrem inzwischen etablierten Pseudonym Robert Galbraith veröffentlicht hat, steht die Erfinderin einer erfolgreichen Serie am Internet-Pranger.

Die Hater der Autorin Edie Ledwell haben ein Foto ihres Wohnhauses online veröffentlicht. Jemand hat sogar noch ihre konkrete Adresse darunter geschrieben. Gepaart mit offenen Anfeindungen wird dies zu einer konkreten Bedrohung für die junge Frau. Wenig später wird sie tot auf dem Londoner Highgate-Friedhof gefunden, getötet mit einem Stich ins Herz.

Die Szenerie, die Rowling als Galbraith hier für ihr Ermittlerteam Cormoran Strike und Robin Ellacott entwirft, erinnert sicher nicht zufällig an etwas, das Rowling selbst passiert ist.

Wegen Äußerungen in der Gender-Debatte steht die 57-jährige Schriftstellerin in der Kritik, hat nach eigenen Angaben sogar Morddrohungen bekommen. Und auch ihre Adresse war von Aktivisten online gepostet worden, nachdem sie sich immer wieder gegen die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Transfrauen mit solchen Frauen, die bereits mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren wurden, ausgesprochen hatte.

In ihrem neuen Buch scheint Rowling diese Erfahrungen nun zu verarbeiten - und zum schlimmstmöglichen Ende weiterzuspinnen. Hass im Netz wird zu Gewalt, die tötet.

Angriffe übers Internet

Dieser Fall stellt Strike und Ellacott nun vor ganz besondere Herausforderungen, sind sie in der Vergangenheit („Das tiefschwarze Herz“ ist schon das sechste Buch der Reihe) doch nicht unbedingt als Hacker und Cyberermittler in Erscheinung getreten.

Denn der Verdacht fällt nach dem Tod der erfolgreichen Serienautorin auf die Internet-Community ihrer Hater und vor allem auf einen mysteriösen Fan der Serie, der sie auf allen Online-Kanälen attackiert, sich „Anomie“ nennt und Dinge über sie weiß, von denen eigentlich nur das direkte Umfeld der Toten Kenntnis hatte.

Vor allem Strikes Kollegin Ellacott sieht sich in der Pflicht, dieses Rätsel zu lösen - tauchte das Mordopfer doch kurz vor seinem Tod noch im Büro der Privatermittler auf und bat um Hilfe.

So kämpfen sich die beiden durch Chatprotokolle und Online-Diskussionen, um herauszufinden, wer Edie auf dem Gewissen und außerdem noch versucht hat, ihren Co-Autor Josh Blay umzubringen.

Und hier zeigt sich dann auch schon das größte Problem an dem Buch: Rowling zeichnet diesen Kampf gegen die Massen-Daten teils minuziös nach. Ein Großteil ihres 1343 (!) Seiten langen Buches besteht aus eben diesen Protokollen, aus seitenlangen - teils parallelen - Chatgesprächen von Menschen, die sich hinter ihren Online-Nicknames in Anonymität wähnen. Selbst dem geneigtesten Leser geht da schnell die Puste aus.

Da hilft es auch wenig, dass die Autorin erneut viel Augenmerk richtet auf die komplizierte private Beziehung der beiden Privatdetektive. Dass diese rettungslos verliebt sind ineinander, ist ja - dem Leser, ihnen nicht - schon eine Weile klar. Doch im neuen Buch kommt es gleich zu Beginn beinahe zu einem Kuss - und alles gerät ins Wanken.

Organe entwickeln ein Eigenleben

Rowling als Robert Galbraith schwächelt in ihrem neuen Buch. Zwar waren alle fünf bisherigen Cormoran-Strike-Romane Bestseller, drei von ihnen wurden bereits als BBC-Serie verfilmt. Und auch „Das tiefschwarze Herz“ schaffte es aus dem Stand auf Platz zwei der „Spiegel“-Bestsellerliste.

Spannend ist es darum aber leider dennoch nicht - eher so langatmig und oft redundant, dass sich der Wunsch einschleicht, die BBC möge diesen Band nicht, dafür aber die darin entworfene Serie verfilmen.

Bei der fiktiven und titelgebenden Serie „Das tiefschwarze Herz“, die so viel Leidenschaft auslöst bei ihren Fans wie sonst nur „Harry Potter“, geht es - im Wesentlichen - um einzelne Organe von Leichen, die auf dem berühmten Londoner Highgate-Friedhof ein Eigenleben entwickeln.

Hauptfigur ist „Harty“, ein vom Körper losgelöstes, schwarzes Herz, das sich die sehr philosophische Frage stellt, ob es selbst böse ist oder nur im Körper eines bösen Menschen schlug. Ein bisschen Philosophie, ein bisschen Übersinnliches - das hat im Zusammenhang mit Rowling doch schon mal ganz gut funktioniert.