Geld oder Leben Geld oder Leben: Nach der Krise stehen Griechenland weitere schwere Zeiten bevor

Köln - Nach Jahren der Krise stehen Griechenland weitere schwere Zeiten bevor. Die Wirtschaft des Landes wird laut EU-Kommission dieses Jahr um 1,4 Prozent schrumpfen, nächstes Jahr um nochmal 1,3 Prozent. Die Einkommen der Griechen sind seit 2007 um durchschnittlich fast ein Drittel gesunken, nun steigen die Steuern weiter und die Renten sinken. Dazu kommt das Problem der zehntausenden von Flüchtlingen, die jeden Tag das Land erreichen. Nun ein weiterer Schlag: Damit die Banken des Landes stabilisiert werden, müssen voraussichtlich tausende von Griechen ihre Wohnungen verlieren.
Griechenlands Banken schwer angeschlagen
Um die Staatspleite abzuwenden, haben die europäischen Staaten dem Land weitere 86 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Sie werden in Teilstücken ausgezahlt, je nachdem, ob Athen die geforderten Sparmaßnahmen und Reformen durchführt. Diese Woche treffen sich die Finanzminister der Euro-Zone, um eine weitere Tranche über zwei Milliarden freizugeben. Doch noch hakt es. Athen, so die Kritik, bleibe zugesagte Reformen schuldig. Wichtigster Streitpunkt ist die Stabilisierung der Banken.
Griechenlands Banken sind durch die Jahre der Rezession und die Verschärfung der Krise im Sommer schwer angeschlagen. Sie spüren die wachsende Armut der Griechen und die hohe Arbeitslosigkeit am Anteil ihrer faulen Kredite: Immer mehr Schuldner können ihre Darlehen nicht mehr bedienen. Fast ein Drittel aller Hypothekendarlehen sind seit mindestens drei Monaten im Rückstand. Zählt man die Darlehen dazu, die wahrscheinlich auch noch faul werden, kommt man auf einen Anteil von 35 Prozent. Bei den Konsumentenkrediten ist es mehr als die Hälfte.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich die griechische Regierung gegen die Zwangsversteigerungen wehrt.
Griechenlands Banken brauchen neues Kapital
Griechenlands Banken brauchen neues Kapital, voraussichtlich 15 Milliarden Euro, die aus dem Kredittopf der EU kommen sollen. Aber die Gläubiger Athens wollen, dass auch die Griechen einen Anteil an der Bankenrettung schultern sollen. Sie fordern für die Banken die Möglichkeit, den säumigen Schuldnern die Wohnung zu pfänden, sie auf die Straße zu setzen, um die Immobilie per Zwangsversteigerung zu verwerten.
Dagegen wehrt sich die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras. Sie will den Erstwohnsitz schützen, wenn er weniger als 300.000 Euro wert ist. Die Gläubiger wollen laut Medienberichten, dass nur Erstwohnsitze bis zu einem Wert von 120.000 Euro vor Pfändung geschützt sind – und auch nur, wenn die Bewohner an oder unter der Armutsgrenze leben, was etwa 14.000 Euro pro Jahr für ein Ehepaar entspricht.
Tsirpas vor die Wahl gestellt
Tsipras hat nun die Wahl zwischen dem Wohlbefinden der Banken und der vieler Griechen, gerade der Mittelklasse. Denn obwohl im Land laut Eurostat mehr als ein Drittel aller Menschen arm oder armutsgefährdet ist, ist Obdachlosigkeit dank des Pfändungsschutzes bislang kaum verbreitet. Die Wohnung ist das wichtigste Gut in dem Land, in dem 70 Prozent aller Menschen in der eigenen Immobilie wohnen. Mehr als ein Viertel der Griechen ist arbeitslos, fast keiner von ihnen erhält noch Arbeitslosenhilfe, eine Sozialhilfe gibt es nicht. Für etwa die Hälfte aller Haushalte ist die – sinkende – Rente die Haupteinnahmequelle.
Bestehen die Gläubiger auf ihrer Forderung, so kann Athen allerdings nicht viel machen. Ihm fehlt das Geld, um die Banken selbst zu stützen. Und ohne solide Banken gibt es keine Aussicht auf einen Aufschwung.