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Fragen und Antworten zu Rentenplänen Fragen und Antworten zu Rentenplänen: Das Rentenpaket und seine Mängel

Von Stefan Sauer 05.05.2014, 10:27
Senioren sitzen auf einer Parkbank.
Senioren sitzen auf einer Parkbank. dpa Lizenz

Berlin - Die Rentenpläne der Bundesregierung stoßen auf breite Ablehnung. Neben der Mütterrente steht vor allem die abschlagsfreie Rente mit 63 in der Kritik. Experten warnen, die Regelung werde der Frühverrentung Vorschub leisten und vor allem männlichen Facharbeitern zu gute kommen, die den Bonus aufgrund ihrer guten Einkommen nicht wirklich nötig hätten. Diese Argumente wiegen schwer.

Fundamentaler noch ist aber ein Kritikpunkt, den die Deutsche Rentenversicherung Bund am Montag im Bundestag während der Expertenanhörung zum Gesetzentwurf formuliert hat: Die Rentenpläne verletzten das grundlegende Äquivalenzprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung und könnten somit von höchsten Gerichten gestoppt werden.

Die Funktionsweise ist einfach: Wer viel einzahlt, bekommt viel heraus, wer weniger einzahlt, weniger. Als „Währung“ gilt in der Rentenversicherung der Rentenpunkt. Ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Einkommen erhält für ein Jahr Beitragszahlungen exakt einen Rentenpunkt. Nach 45 Beitragsjahren hat ein Beschäftigter, wenn er immer ein mittleres Gehalt bezog, also 45 Rentenpunkte angesammelt, die die Höhe seiner Renten bedingen.

Vom 1.Juli an steigt der Wert des Rentenpunkts auf 28,61 Euro im Westen und 26,39 Euro im Osten. West-„Eckrentner“ mit 45 Beitragsjahren und ebenso vielen Punkten erhalten dann also monatlich 1287,45 Euro, die Altersgenossen im Osten 1187,55 Euro. Nach Plänen der Bundesregierung sollen sie künftig mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Und genau dies ist heikel. Denn ein Arbeitnehmer, der aufgrund höherer Beitragszahlungen nach bereits 43 Arbeitsjahren 47 Rentenpunkte angesammelt hat, müsste nach dem Äquivalenzprinzip eine höhere Rente erhalten, nämlich 1344,67 oder 1240,33 Euro. Tut er aber nicht, wenn er ebenfalls mit 63 Jahren in Rente geht.

Da er noch nicht 45 Beitragsjahre zusammen hat, muss er Abschläge in Höhe von 0,3 Prozentpunkten für jeden Monat in Kauf nehmen, den er vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters in den Ruhestand geht. In diesem Fall bekäme der Westrentner mit 47 Punkten nach 43 Jahren nur 1236 Euro monatlich, während der Kollege mit 45 Punkten nach 45 Jahren besagte 1287 Euro erhielte.

Das Äquivalenzprinzip wäre durchbrochen. Wenn die Höhe der Einzahlungen nicht mehr die Höhe der Auszahlungen bedingt, kann dies unabsehbare Konsequenzen für die Rentenversicherung haben. Forderungen nach Sonderregelungen und Abweichungen zugunsten anderer Zielgruppen ließen sich nicht mehr grundsätzlich abweisen. Die Legitimationsbasis der gesetzlichen Rentenversicherung würde brüchiger denn je. Früher oder später würde das Versicherungsprinzip durch ein Fürsorgesystem abgelöst, das stark von politischen Opportunitäten geprägt wäre - wie dies bereits bei den aktuellen Rentenplänen erkennbar ist.

Es ist angesichts des Prinzipienbruchs nicht unwahrscheinlich, dass höchste deutsche Gerichte das Gesetz verwerfen. Dies gilt im übrigen auch für eine geplante Regelung der Mütterente, die ostdeutsche Frauen gegenüber westdeutschen massiv benachteiligt: Die Mütterente soll nämlich mit Rentenpunkten, die durch Erwerbstätigkeit während der ersten Kindererziehungsjahre angesammelt wurden, teilweise verrechnet werden.

In der DDR wurden Frauen nachdrücklich aufgefordert, möglichst rasch nach der Geburt ihrer Kinder wieder in den Beruf zurück zu kehren. Sie erwarben damit Rentenansprüche, was ihnen bei der Zumessung der Mütterrente nun nachteilig ausgelegt werden soll. Im Westen dagegen waren die meisten Mütter von vor 1992 geborenen Kindern nicht oder nur geringfügig berufstätig, weshalb sie in der Regel vollumfänglich von der Mütterrente profitieren.