Bausparverträge Bausparverträge: Das Ende der bequemen Geldanlage
Berlin - Sie gelten als sichere Geldanlage, als Investition in die Zukunft: Bausparverträge. Doch seit zwei Jahren bekommen viele Bausparer ungeplante Post – Bausparkassen haben laut Branchenschätzungen rund 250.000 Verträge gekündigt, was äußerst umstritten ist. Nun hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden und die Kündigungen für rechtens erklärt. Die Begründung: Einen solchen Vertrag über mehr als zehn Jahre als reine Sparanlage laufen zu lassen, widerspreche Sinn und Zweck des Bausparens.
Wo liegt das Problem?
Kunden mit alten Bausparverträgen können sich in Niedrigzinsphasen wie im Moment freuen: Sie haben meist noch einen Kontrakt mit drei Prozent Zinsen oder mehr abgeschlossen. Deshalb lassen viele Bausparer ihren Vertrag lieber liegen, auch wenn er eigentlich „zuteilungsreif“ ist und sparen so die gesamte Bausparsumme an, um von den hohen Zinsen zu profitieren. Eigentlich ist ein Bausparvertrag aber da, um eine gewisse Summe zusammen zu sparen und diese dann für die Finanzierung eines Hausbaus, Wohnungskaufs oder für eine entsprechende Renovierung zu benutzen. Zunächst wird ein Teil der Bausparsumme vom Sparer eingezahlt, worauf er Zinsen bekommt. Anschließend, wenn der Vertag „zuteilungsreif“ ist (Voraussetzung sind zum Beispiel die Summe und die Laufzeit), kann er sich den bestehenden Betrag auszahlen lassen und den Rest als Darlehen in Anspruch nehmen. Dann zahlt er wiederum Zinsen an die Bausparkasse. Das Gute an dem System für Sparer: Das Darlehen ist eigentlich mit einem verlässlichen, eher niedrigen Zins, gesichert. Nun, in Zeiten von niedrigen Zinsen, funktioniert das System aber nicht mehr so zuverlässig – Kredite sind überall günstig zu haben, es gibt kaum mehr Zinsen fürs Sparen.
Was ist die Folge?
Wenn sich Sparer ihre Verträge nicht zuteilen lassen, bringt das die Bausparkassen in Bedrängnis – ihr Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr. Deshalb haben sie diese alten Verträge mit den entsprechend hohen Zinsen gekündigt. Die Begründung: Sie müssten das Wohl aller Bausparer im Blick haben. Verbraucherschützer kritisierten vor dem Urteil, dass die Verträge früher selbst als Geldanlage beworben wurden und die Institute gut damit verdient haben. Jetzt müssten sie die Konsequenzen tragen.
Welche Verträge wurden genau gekündigt?
Klar war, dass die Institute Verträge, bei denen die komplette Bausparsumme erreicht ist, kündigen dürfen. Nun hat es aber auch Sparer getroffen, die ihre Summe noch nicht erreicht haben, deren Vertrag aber seit mindestens zehn Jahren „zuteilungsreif“ ist. Das heißt, sie könnten seit einem Jahrzehnt das Darlehen in Anspruch nehmen, den Instituten geht also Geld für das Darlehen verloren.
Worum ging es genau in Karlsruhe?
Vor dem Bundesgerichtshof ging es um Verträge, die zwei Frauen mit „Wüstenrot“ abgeschlossen hatten. Ein Vertrag wurde 1978 abgeschlossen mit einer Summe von 40.000 D-Mark und einem Zinssatz von drei Prozent. 1993 wurde der Vertrag „zuteilungsreif“ – die Frau hat das Darlehen aber nicht in Anspruch genommen. Wüstenrot kündigte den Vertrag vor rund zwei Jahren, ebenso wie die zwei Verträge der anderen Klägerin, die 1999 abgeschlossen wurden. Die Urteile des Bundesgerichtshofs geben bundesweit die Linie vor. Nun, mit der Entscheidung für die Bausparkassen, müssen weitere Sparer mit Kündigungen ihrer Verträge rechnen.
Wie hatten die Vorinstanzen entschieden?
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat der Klage der beiden Frauen stattgegeben, nachdem sie gegen das ursprüngliche Urteil, dass die Kündigung rechtens sei, in Berufung gegangen waren. Wüstenrot stehe kein Kündigungsrecht zu, hieß es in der Begründung. Dagegen hat sich Wüstenrot mit der Revision nun erfolgreich gewehrt. Andere Oberlandesgerichte hatten in ähnlichen Fällen den Bausparkassen Recht gegeben.
Ist der Streit um die Bausparverträge nun geklärt?
Nicht unbedingt. Die meisten Institute haben nämlich aus der Situation gelernt und sich eine Hintertür in die Verträge eingebaut. In vielen neuen Kontrakten steht mittlerweile eine Klausel, die eine Kündigung nach 15 Jahren ermöglicht. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht deshalb die Kunden benachteiligt und hat stellvertretend zwei Bausparkassen verklagt. Auch dieser Streit könnte durch alle Instanzen gehen, vermuten Branchenkenner. (mit dpa)