1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. TV-Kritik Polizeiruf aus Magdeburg: TV-Kritik Polizeiruf aus Magdeburg: Die "Büroklammer" fährt aus der Haut

TV-Kritik Polizeiruf aus Magdeburg TV-Kritik Polizeiruf aus Magdeburg: Die "Büroklammer" fährt aus der Haut

Von Andreas Montag 06.07.2014, 17:46
Die Schauspieler Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch und Sylvester Groth als Hauptkommissar Jochen Drexler spielen bei den Dreharbeiten zum "Polizeiruf 110 - Abwärts" in Magdeburg.
Die Schauspieler Claudia Michelsen als Hauptkommissarin Doreen Brasch und Sylvester Groth als Hauptkommissar Jochen Drexler spielen bei den Dreharbeiten zum "Polizeiruf 110 - Abwärts" in Magdeburg. dpa Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Für den ersten „Polizeiruf 110“-Krimi aus Magdeburg hatte es schon vorab große Aufmerksamkeit gegeben. Es ging darin um Rechtsradikale und deren Akzeptanz in der viel beschworenen Mitte der Gesellschaft. Die öffentliche Erregung richtete sich  aber weniger auf das beklemmende Thema als vielmehr auf den Ort: Würde Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg nicht einen Imageschaden davontragen?, sorgten sich Politiker, die das später dann nicht mehr so gesagt haben wollten.

Der Film selber hat dem Publikum gefallen, er war schnell, teilweise sogar rasant. Hinzu kamen die sehr guten Hauptdarsteller, die nun auch dieses Mal überzeugten – obwohl (oder weil?) die Geschichte viel ruhiger als die erste erzählt wurde. Auch traten in „Abwärts“ die privaten Probleme von Brasch, die ihren Sohn in der ersten Folge als überzeugten Mittäter im Zentrum der Neonazis hatte entdecken müssen, dieses Mal zurück. Bis auf eine Szene, in der Brasch   ihre Bierflasche allerdings derart überzeugend auf die  Theke des Kiosks haut, den die Freundin ihres in Haft sitzenden Sohnes betreibt, dass man schon weiß, welche Emotionen in der Frau stecken.

Auch Drexler, der im Gegensatz zur temperamentvollen Brasch eine wahre „Büroklammer“ und scheinbar total kontrolliert ist, hat einen emotionalen Auftritt: Als der Freund seiner erwachsenen Tochter die junge Frau einfach auf die Straße setzt und sich schlecht benimmt, kehrt Drexler zurück und verpasst dem Burschen einen Schlag, der ihn umhaut.

Die Geschichte selber handelt wie die der ersten Folge von verlorenen jungen Menschen: Einer wird ermordet, ein anderer flieht – erst vor seinem Vater, der dem Jungen keine Wärme geben kann, dann vor Gangstern, mit denen er sich eingelassen hat. Als Katalysator in dem Desaster wirkt ein Sozialarbeiter, der  seinen Klienten viel zu nahe kommt und selber traumatisiert ist.

Fazit: Ein überzeugender, düsterer, intensiv gespielter Film, der sich um große soziale Genauigkeit bemüht und den krimiüblichen Klischees zumeist erfolgreich begegnet. Sympathisch.