Porsche Porsche: Nicht jede Mode mitmachen
Leipzig/MZ. - Das 18 Meter hohe Stahlskelett des künftigen Karosseriebaus ist schon von weitem sichtbar. Unweit davon entfernt wird am Fundament für die Lackiererei gearbeitet. "In den Boden sind bis zu 37 Meter tiefe Bohrpfähle eingelassen", erklärt Karin Krippgans. Die schmale Frau mit blondem Zopf schaut über die Baustelle. Die Architektin verantwortet den 500 Millionen Euro teuren Ausbau des Leipziger Porsche-Werkes mit. Es ist die größte Investition, die der Sportwagenbauer in seiner Firmengeschichte bisher getätigt hat. Allein 250 Millionen Euro fließen in die Errichtung der neuen Produktionsstätten, wozu auch eine Montagehalle zählt.
Fabrikfläche wird verdoppelt
Von 1998 bis 2010 wurden bereits 277 Millionen Euro in den Standort investiert. Markant ist das große gläserne Kundenzentrum, das wegen seiner Form "Diamant" genannt wird. Nun wird die Fabrikfläche noch einmal mehr als verdoppelt. Gestaltet wird dies von der hauseigenen Porsche-Architektin und ihrem Team.
Gebaut wird in Leipzig mit viel Stahl, Beton, Glas und Holz. Zu Hochzeiten befinden sich über 500 Arbeiter auf der Baustelle. Das Büro der Stuttgarterin befindet sich in einem weißen, schmucklosen Container auf der Baustelle. An den Wänden hängen Bauzeichnungen. "Die meiste Arbeit wird heute am Computer erledigt", sagt sie. Bleistift, Lineal und Tusche seien passé. "Leider." Und sie sagt gleich am Anfang: "Porsche baut das Werk aus, um Autos zu produzieren." Dennoch habe auch ein Industriebau durchaus Ähnlichkeit mit dem Wohnungsbau: "Es geht um Funktionalität, und die Menschen sollten sich in dem Gebäude wohlfühlen." Dies geht nicht immer Hand in Hand. Viele Produktions-Ingenieure wünschen sich eine dunkle Halle, die sie nach ihren Wünschen beleuchten können. Architekten legen dagegen auf Tageslicht für die Arbeitsplätze viel Wert.
Bei Planung und Bau stimmt sich Karin Krippgans eng mit Christoph Beerhalter ab. Er ist Projektleiter für den kleinen Geländewagen Porsche Macan, der ab 2013 in Leipzig vom Band rollen soll. "Bei der Errichtung des ersten Porsche-Werkes in Leipzig wurden vergleichsweise große Dachfenster eingesetzt", sagt Beerhalter. Das Sonnenlicht habe jedoch dazu geführt, dass Laser in der Produktion gestört wurden. "Beim jetzigen Neubau verwenden wir daher kleinere Dachfenster", so Krippgans. Viele Erfahrungen helfen, um Verbesserungen zu erreichen. Die Architektin nennt etwa das Raumklima: "Am Ende der Produktion werden die Fahrzeuge getestet. Die Abgase belasten die Luftqualität." Daher würden nun zusätzliche Luftabsauger in den Boden installiert. Fast schon Standard ist bei allen großen deutschen Autobauern, dass die Mitarbeiter am Band auf Holz oder Kunststoff stehen. Harter Boden beansprucht die Gelenke der Arbeiter zu sehr.
Für die Beschäftigten in Leipzig wird nach Worten von Krippgans auch ein neues sogenanntes "Integrationszentrum" errichtet. Dies sei am Eingang des Gebäudes. "Ob Köchin, Bandarbeiter oder Manager - alle Porsche-Mitarbeiter treffen sich dort", sagt sie. In der dortigen Kantine sollen sie zusammenkommen. Damit die Gespräche nicht durch Küchenlärm gestört werden, sind die Decken besonders tief abgehängt. "Es sind die vielen kleinen Details, auf die es ankommt." Auch eine Fabrik könne schön sein. Doch warum sind die meisten Produktionshallen dann immer so schrecklich grau? Krippgans zuckt mit den Schultern: "Bei Porsche in Leipzig sind die Böden gelb." Dies sehe nicht nur freundlich aus, ein gelber Boden werde auch sauberer gehalten. Insgesamt seien die Produktionshallen ruhig und klar in der Formsprache. "Wir setzen auf Schlichtheit - nicht auf Moden", sagt Krippgans. Dies entspreche Porsche. Der Sportwagen 911 habe auch seit Jahrzehnten eine markante Designsprache.
Für das Porsche-Werk in Leipzig hat der Ausbau eine enorme Bedeutung. Nicht nur, dass nach dem Geländewagen Cayenne und der Sportlimousine Panamera jetzt mit dem Macan eine weitere Baureihe am Standort produziert wird. Mit dem Karosseriebau und der Lackiererei wird Leipzig ein vollwertiges Produktionswerk. Bisher kamen die Karosserien aus dem tschechischen Bratislava oder Hannover.
Ein grünes Werk
Doch nicht nur die Effizienz der Produktion wird erhöht. Es soll auch eines der grünsten Auto-Werke der Welt werden. "Unsere Wärme werden wir künftig von einem angrenzenden Holzschnitzel-Kraftwerk beziehen", sagt Beerhalter. Dies sei CO2-neutral und spare zudem Geld. Dazu werde eine Fernwärmeleitung gelegt. "Wir beraten derzeit noch, ob wir auch Solaranlagen auf den Dächern installieren", so Krippgans.
Seit 14 Jahren ist sie Architektin, seit elf Jahren arbeitet sie für Porsche. Gibt es etwas, dass für Porsche typisch ist? Ohne zögern sagt sie: "Ja, die Geschwindigkeit." Im März 2011 sei die Entscheidung gefallen, den Macan in Leipzig zu bauen, im Oktober war Grundsteinlegung. Dies sei für alle, die an Planung und Bau beteiligt sind, viel Arbeit. Angst, dass ihr bei Porsche die Arbeit ausgeht, hat die Architektin nicht. "Auch beim jetzigen Werksausbau planen wir so, dass weitere Erweiterungen möglich sind", verrät sie. Platz ist genügend vorhanden. Auf dem Großteil des 400 Hektar großen Areals weiden derzeit noch Auerochsen.