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Tierschutzgesetz Tierschutzgesetz: Urteil: Männliche Küken dürfen weiter getötet werden

20.05.2016, 12:57
Auf grausame Art und Weise werden viele Küken vernichtet: Die Züchter stecken sie kurz nach dem Schlüpfen in den Schredder oder vergasen sie. Das treibt die Tierschützer auf die Palme. Foto: Marc Müller/Archiv
Auf grausame Art und Weise werden viele Küken vernichtet: Die Züchter stecken sie kurz nach dem Schlüpfen in den Schredder oder vergasen sie. Das treibt die Tierschützer auf die Palme. Foto: Marc Müller/Archiv dpa

Münster - Das Töten männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen verstößt nicht gegen das Tierschutzgesetz. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster am entschieden und damit mehrere Urteile von Verwaltungsgerichten in NRW gegen einen Erlass der rot-grünen Landesregierung bestätigt.

Das Tierschutzgesetz erlaube das Töten von Tieren, wenn dafür ein vernünftiger Grund vorliege, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Aufzucht der ausgebrüteten männlichen Küken sei für die Brütereien mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand verbunden und deshalb keine Alternative. Revision ließ das OVG nicht zu. Gegen diese Entscheidung kann Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.

Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. «Das ist eine herbe Niederlage für den Tierschutz in Deutschland. Klar ist: Die heutige Entscheidung hatte nur rein formaljuristische Gründe und ist damit keineswegs Freibrief für die Praktiken der Geflügelwirtschaft. Das Schreddern und Ersticken von Tieren hat gesellschaftlich und politisch keine Akzeptanz», sagte Remmel laut Pressemitteilung. Sein Ministerium werde jetzt nach Vorlage des schriftlichen Urteils prüfen, ob NRW in die nächsthöhere Instanz zieht.

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich angesichts der jüngsten Gerichtsentscheidung gegen das massenhafte Töten männlicher Küken gewandt. „Das Schreddern männlicher Küken ist ethisch nicht tragbar“, sagte er dieser Zeitung. „Wir brauchen hier eine Änderung des Gesetzes. Entsprechend hat sich Schleswig-Holstein im Bundesrat positioniert.“

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sei „am Zuge, das Elend zu beenden“, fügte Habeck hinzu. Am Freitag hatte das Oberverwaltungsgericht in Münster geurteilt, das Töten verstoße nicht gegen das Tierschutzgesetz. Die rot-grüne nordrhein-westfälische Landesregierung hatte zuvor versucht, die Praxis per Erlass zu verbieten. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschlandschätzungsweise 48 Millionen männliche Küken getötet.

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte das Urteil: «Der Tierschutz unterliegt wirtschaftlichen Interessen. Das ist angesichts eines Staatsziels Tierschutz nicht hinnehmbar. Wir können den nordrhein-westfälischen Minister Johannes Remmel nur ermuntern, weiter zu kämpfen», sagte der Präsident der Organisation, Thomas Schröder, laut Mitteilung.

Remmel wollte das Töten aus rein wirtschaftlichen Gründen 2013 per Erlass unterbinden. Dagegen zogen elf betroffene Brütereien vor die Verwaltungsgerichte. Die Bundesregierung lehnt ein Verbot ab und setzt auf eine technische Lösung, die 2017 marktreif sein soll. Dabei wird bereits vor dem Schlüpfen erkannt, welches Geschlecht der Embryo hat.

Das Urteil aus Nordrhein-Westfalen hat für die Branche Signalwirkung, auch wenn nur 5,4 Prozent aller in Deutschland ausgebrüteten Küken in NRW schlüpfen. Zwölf von bundesweit 30 Betrieben sind in NRW ansässig. Sie sind in der Regel aber deutlich kleiner als die Brüter in anderen Bundesländern. (dpa, mdc)