1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Steueraffäre Hoeneß: Steueraffäre Hoeneß: Es geht um die Wurst

Steueraffäre Hoeneß Steueraffäre Hoeneß: Es geht um die Wurst

Von Karl Doemens 23.04.2013, 21:52
Bayern-Präsident und Wurst-Unternehmer: Uli Hoeneß wirbt mit Schnauzbart und Bratwurst-Burger.
Bayern-Präsident und Wurst-Unternehmer: Uli Hoeneß wirbt mit Schnauzbart und Bratwurst-Burger. dpa Lizenz

Berlin/MZ - Die Steueraffäre um Bayern-Präsident Uli Hoeneß wird zum heißen Eisen im Bundestagswahlkampf. „Der Fall Hoeneß zeigt, wie richtig es war, dass SPD und Grüne das Schweizer Steuerabkommen verhindert haben. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble wollten damit millionenschweren Steuerbetrug vertuschen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern der MZ. In Wahrheit säßen nun auch die Kanzlerin und ihr Finanzminister auf der Anklagebank, „die tatenlos zusehen und lieber reiche Steuerbetrüger zu Gala-Dinners einladen als ihnen den Staatsanwalt zu schicken“: Dies sei „eine große Schande für unser Land“, sagte Gabriel.

Auch die Grünen verschärften ihren Ton gegenüber der Regierung: „Gut, dass die Grünen Merkels Geldwaschabkommen gestoppt haben“, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin. Seine Partei beantragte eine Aktuelle Stunde zu dem Thema diese Woche im Bundestag. Dabei müsse auch geklärt werden, „warum sich Ministerpräsident Horst Seehofer so lange für das deutsch-schweizerische Steuerabkommen eingesetzt hat“, forderte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Seehofer soll auch seit längerem von den Ermittlungen gewusst haben.

Abkommen hätte Schwarzgeld legalisiert

Nach einer Selbstanzeige ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Hoeneß. Der Bayern-Präsident will sich zu dem Verfahren nicht äußern. Er drohte, sich gegen „Exzesse in einigen Berichterstattungen“ rechtlich zur Wehr zu setzen. Seine Selbstanzeige hatte er mit dem Ende 2012 gescheiterten deutsch-schweizerischen Steuerabkommen begründet, das Schwarzgeld durch nachträgliche Versteuerung legalisiert hätte.

Die Opposition ist nun spürbar bemüht, allzu massive Angriffe auf den in der Fußballwelt beliebten Hoeneß zu vermeiden und stattdessen die politische Dimension des Falls herauszustreichen. Es sei „nicht in Ordnung“, wenn sich gerade finanzkräftige Bürger ihrer Steuerpflicht entzögen, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD): „Klar ist aber auch: Dass die Bundesregierung in Sachen Steuerflucht jahrelang so verhalten agiert hat, ist das eigentliche politische Problem.“

Umgekehrt ging Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spürbar auf Distanz zu Hoeneß: „Viele Menschen sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen“, sagte ihr Sprecher. Steuerhinterziehung sei ein schweres Delikt. Zugleich verteidigte das Finanzministerium das gescheiterte Abkommen. Ein Einzelfall könne dessen Sinnhaftigkeit nicht in Frage stellen, sagte ein Ministeriumssprecher. Mit dem Vertrag „wäre es gelungen, nicht nur die Einzelfische zu fangen, sondern den ganzen Schwarm im Netz zu haben“.

Keine Steuern auf Kapitalerträge gezahlt

Hoeneß soll einen Betrag in Millionenhöhe in die Schweiz geschafft und auf die dort angefallenen Kapitalerträge keine Steuern gezahlt haben. Die Zürcher Privatbank Vontobel erklärte, man äußere sich grundsätzlich nicht zu und über Kunden. Dieses Schweizer Bankgeheimnis hatte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in seiner damaligen Funktion als Finanzminister 2009 harsch kritisiert. „Manchmal ist Kavallerie besser als Diplomatie“, wiederholte er auch am Montag wieder.

Ein Sprecher Steinbrücks bestätigte, dass Hoeneß zu Regierungszeiten Mitglied in einem Beraterkreis Steinbrücks gewesen sei, dem auch Margot Käßmann angehörte. Mit diesen Personen habe sich Steinbrück „ein- oder zweimal im Jahr über gesellschaftliche Fragen ausgetauscht“.