Sachsen Sachsen: Rechte vor Milbradts Haustür
Dresden/MZ. - Dresden-Pappritz wird in Immobilienanzeigen als Idyll oberhalb der Elbe angepriesen. Man wohnt wie auf dem Land und ist doch rasch in der Stadt. Der Ortsteil besteht aus einer Ansammlung schmucker Einfamilienhäuser und ein paar Höfen am Elbhang. Weil sich dort so mancher Staatsdiener niedergelassen hat, sprechen die Einheimischen vom "Pappritzer Beamtenviertel".
Mit den Bewohnern, darunter auch der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), wollte der bayerische Investor Wolfgang Jürgens eigentlich ins Geschäft kommen. Ein Sport- und Wellnesszentrum sollte auf einem rund 16 Hektar großen Grundstück entstehen, das kaum 500 Meter von Milbradts Haustür entfernt liegt. Doch angeblich hätten ihm die Dresdner Behörden nur Steine in den Weg gelegt. So ist auf dem ehemaligen Hof nicht mehr als eine inzwischen geschlossene Tennishalle und ein Wohnhaus im bayerischen Stil entstanden und das große Geld folglich ausgeblieben.
Angeblich um sich über Wasser zu halten, hat der Unternehmer im vergangenen Sommer sein Gelände der NPD zur Verfügung gestellt. Zum Pressefest des in Polen gedruckten Parteiblattes "Deutsche Stimme" kamen "tausende volkstreue Deutsche", wie die rechtsextreme Partei jubelte, die an der idyllischen Lage offenbar Gefallen fand. Jetzt will Jürgens sein Gelände an den bayerischen NPD-Vize Uwe Meenen verkauft haben. Und die Bundespartei ließ mitteilen, dass man hier Parteitage, Pressefeste und andere Großveranstaltungen durchführen wolle.
Allerdings gibt es offenbar noch keine Auflassungsvormerkung, weshalb die Stadt Dresden den Kauf jetzt unter die Lupe nimmt, um Vorkaufsrechte und andere Details zu prüfen. Presseamts-Sprecher Karl Schuricht verwies darauf, dass erst vor ein paar Tagen, am Jahrestag der Zerstörung der Altstadt, "tausende Dresdner eindrucksvoll gezeigt haben, dass rechtsradikale Parteien und Organisationen in unserer Stadt nicht willkommen sind".
Jürgens hat schon einmal versucht, Geschäfte mit der NPD zu machen. 2005 ging es um eine alte Tennishalle in Grafenwöhr. Die fränkische Stadt zog in letzter Minute die Notbremse und kaufte das Grundstück, auf dem Meenen ein "Nationales Zentrum" errichten wollte, für einen - wie es hieß - viel zu hohen Preis selbst. Ob auch die sächsische Landeshauptstadt tief ins Stadtsäckel greifen würde, um eine ständige NPD-Niederlassung zu verhindern, blieb offen. Allerdings gibt es die schon längst: Im Landtag sitzt die Fraktion samt Dutzender Mitarbeiter. Die rechtsextremen Abgeordneten fallen im Landtag jenseits von verbalen Ausfällen nicht auf. Außer, dass die Partei finanziell arg in der Klemme sitzt. Derzeit versucht die NPD sich gegen Rückzahlungsforderungen in Höhe von 870 000 Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu wehren. Die Auszahlungen an die Partei waren im letzten Jahr wegen Unregelmäßigkeiten im Thüringer Landesverband gestoppt worden. Zehn der zwölf Angestellten der Berliner Bundeszentrale mussten bereits entlassen werden.
Kenner der rechtsextremen Szene halten es für möglich, dass braune Schein-Immobiliengeschäfte helfen könnten, die leeren Kassen zu füllen. Denn von einem horrenden Kaufpreis - die Rede ist von 3,25 Millionen Euro für das Pappritzer Objekt - für ein wenig begehrtes Grundstück bliebe sicher auch eine kleine Spende für die "nationale Bewegung" übrig.