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"Maischberger" zur AfD Maischberger zur AfD: Alexander Gauland vergleicht Björn Höcke mit Helmut Kohl und sorgt für Fassungslosigkeit

Von Jörg Köpke 24.01.2019, 07:25
Sandra Maischberger und Alexander Gauland
Sandra Maischberger und Alexander Gauland WDR/Melanie Grande

Um es kurz zu machen: Das war nichts. Zumindest nicht viel. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) nannte die AfD „irre“. Thüringens Landeschef Björn Höcke wurde nacheinander als „Nazi“ (Linken-Chefin Katja Kipping), „Göbbels-Imitator“ (Schriftsteller Wolfgang Herles) und „rechter Spinner“ (AfD-Aussteiger Jörn Kruse) tituliert.

Der Talk von Sandra Maischberger lieferte am Mittwochabend das volle Programm an Floskeln, Phrasen und Verniedlichungen. Leichtes Spiel für AfD-Chef Alexander Gauland, der sich lächelnd zurücklehnte, seine in Cord gekleideten Beine übereinander schlug und ein ums andere Mal in der Empörungspose eines distinguierten Landadeligen ausrief: „Das ist alles völlig falsch.“

AfD-Chef Gauland mimt das Opfer

Zur Erinnerung: Es ging nicht um Rinderwahn oder Gefühlsverirrungen. Auch nicht um ein Laienspiel namens „NS-Zeit“. Die AfD war das Thema. Und die Frage, ob diese Partei die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährdet und damit womöglich zu Recht ein Fall für den Verfassungsschutz geworden ist. Ein Verfassungsexperte hätte der Runde gut getan. Der wurde schmerzlich vermisst.

Und so konnte Gauland in einer emotional und hitzig geführten Debatte das unschuldige Opferlamm mimen. „Unsäglich“ geißelte er das Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes. Seine Partei würde stigmatisiert. Die Menschen könnten zwischen Beobachtung und Prüfung nicht unterscheiden. Es sei der Versuch, seine Partei kurz vor wichtigen Wahlen mundtot zu machen.

Dass das Gutachten zur AfD veröffentlicht wurde, sei ein „grundgesetzwidriger Eingriff in die Parteihoheit“. Und überhaupt: Er habe den Bericht nicht einmal. Den als vertraulich eingestuften Inhalt würden allenfalls ein paar Journalisten kennen. „Ich will als Beschuldigter wissen, was mir vorgeworfen wird.“

Chemnitz nur ein Ausreißer?

Spätestens jetzt hätte sich Widerstand in den Reihen der Politiker regen müssen. Haben doch die Verfassungsschützer nur zusammengetragen, was in offenen Quellen frei zugänglich ist, vor allem Reden und Facebook-Einträge. Will sich Gauland nicht mehr an das erinnern, was er und seine Funktionäre gesagt oder geschrieben haben?

Für Reul ist die AfD „selbst schuld“. Es gebe „in der Partei Leute, die sagen, was nicht okay ist“. Sagen, was nicht okay ist – reicht das wirklich für das Einschreiten des Verfassungsschutzes?

Bei so wenig Widerstand legte Gauland nach. Er sehe rhetorische Grenzüberschreitungen als legitimes Mittel einer „normalen politischen Auseinandersetzung“. Sicher, Chemnitz sei aus dem Ruder gelaufen, als nach rechten Krawallen Landeschefs der AfD Seite an Seite mit Rechtsextremisten marschierten. Dennoch sei es falsch zu behaupten, seine Partei sei nach rechts gerückt.

Amann: „Ich fürchte, Herr Gauland ist ein Rassist“

Einzig der „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann, die sich seit Jahren mit der AfD beschäftigt, kam die Rolle zu, sich um sachliche Aufklärung zu bemühen. Sie bescheinigte dem Verfassungsschutz, sehr vorsichtig vorgegangen zu sein. Die Materialsammlung ergebe ein „Gesamtbild der Tabubrüche“. Das sei schockierend. Deshalb finde sie es auch richtig, dass der Verfassungsschutz einschreitet.

Menschen würden ausgegrenzt, Muslime pauschal erniedrigt, Gegner mit Hass überschüttet. „Das hat nichts mehr mit demokratischem Streit zu tun.“ Bei der Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA) und dem rechtsnationalen „Flügel“ um Höcke sehe der Verfassungsschutz Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppen. Vor diesem Hintergrund halte sie das Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes für gerechtfertigt. Wörtlich sagte sie: „Ich fürchte, Herr Gauland ist ein Rassist.“

Höcke will „geistig-moralische Wende“ – wie Helmut Kohl

Journalist und Buchautor Herles betonte, er sei zwar sehr für eine wehrhafte Demokratie. Der Verfassungsschutz schieße jedoch übers Ziel hinaus. Er demonstriere nicht Stärke, sondern Schwäche. Die AfD sei nicht verfassungsfeindlich, sie rede oftmals nur Unsinn. „Aber nicht jeder Unsinn ist verfassungswidrig. Die AfD verharmlost Nazis. Keine Frage. Aber Sie verharmlosen auch Nazis, wenn Sie die AfD zu Nazis machen. Eine Demokratie muss das aushalten können.“

So richtig spannend wurde es dann, als Maischberger Gauland auf Höcke und dessen „Flügel“ ansprach. „Plant Höcke die Revolution von rechts?“ Antwort Gauland: „Nein, er will nur eine geistig-moralische Wende.“

Bei diesem Zitat in Anlehnung an den früheren Kanzler und CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl hielt es Reul nicht mehr im Sessel: „Eine Frechheit, Höcke mit Kohl gleichzusetzen.“

Gauland: „Flügel“ nur eine Splittergruppe

Maischberger legte nach: Ob der „Flügel“ großen Einfluss auf die Partei habe. „Nein, er sei nur eine Splittergruppe.“ Später verriet Gauland allerdings: „Den ,Flügel`unterstützen auf Parteitagen allenfalls 40 Prozent der Delegierten“ – wahrlich kein kleiner Splitter im Stachel der Demokratie.

Kipping warf Gauland vor, seine Hand permanent schützend über „Nazis wie Höcke“ zu halten. Man müsse die AfD „politisch stellen“ und „um die Herzen und Köpfe der Menschen kämpfen“. AfD-Aussteiger Kruse sekundierte: „Man muss sich mit der AfD politisch auseinandersetzen.“

Wenn der Abend bei „Maischberger“ eines ganz deutlich zeigte, dann das: Mit Floskeln wie diesen ist der AfD nicht beizukommen. Und eine Antwort auf die Frage, ob die AfD eine Gefahr für die Demokratie darstellt, sind sie erst recht nicht.