BND-Bericht veröffentlicht BND-Bericht veröffentlicht: Bespitzelung von Journalisten meist rechtswidrig
Berlin/dpa. - DieBundesregierung hält disziplinarische Maßnahmen gegen dieHauptverantwortlichen der Spitzelaffäre für erforderlich.
Um interne Informanten zu enttarnen, habe der Auslandsgeheimdienstüber längere Zeiträume Journalisten im Inland observiert, heißt indem fast 180 Seiten umfassenden Gutachten des früheren BundesrichtersGerhard Schäfer für das PKG. «Diese Maßnahmen waren ganz überwiegendrechtswidrig.» Der BND habe in Pressefreiheit und Rechte Drittereingegriffen. Der «Auftrag für disziplinäre Einzelfallermittlungen»durch den BND sei erteilt worden, teilte die Bundesregierung mit.Linksfraktion und Grüne halten einen Untersuchungsausschuss fürnotwendig. Die FDP, deren Stimmen für die Einsetzung erforderlichwären, hat sich noch nicht endgültig entschieden.
In dem Gutachten des Sonderermittlers heißt es, die Informationender BND-Zuträger hätten sich stets auf andere Journalisten undMedienorgane bezogen, nicht auf eigene Redaktionen. Einer derursprünglichen Vorwürfe lautete, dass Journalisten Interna aus ihrenRedaktionen weitergegeben hätten. Das Führen eines Journalisten alsQuelle durch den BND sei generell «rechtlich unbedenklich». DieAktionen müssten aber verhältnismäßig sein. Mängel bei derdienstlichen Fachaufsicht ließen sich angesichts des Zeitablaufs undauch wegen zum Teil fehlender Dokumentation nur teilweisefeststellen.
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hält den so genanntenSpitzelbericht für brisant: «Dass Journalisten sich so intensiveingelassen haben mit dem Bundesnachrichtendienst, das habe ichdamals nicht für möglich gehalten», sagte das PKG-Mitglied derHörfunkagentur dpa/Rufa.
Die Offenlegung des Geheimberichts hatte sich zunächst verzögert.Nach Gesprächen habe Schäfer Änderungen veranlasst, um die Sichtweiseder im Bericht erwähnten Personen einzufügen, sagteRegierungssprecher Ulrich Wilhelm. Die Betroffenen kritisieren, dasssich der Bericht ausschließlich auf BND-Angaben stützt. EinigePersonenangaben wurden auf Wunsch der Betroffenen anonymisiert. Der«Focus»-Redakteur Josef Hufelschulte hatte mit einer einstweiligenAnordnung erwirkt, dass ihn betreffende Teile des Berichts nichtveröffentlicht werden.
Der Linksfraktion-Abgeordnete Wolfgang Neskovic sprach sich füreinen Untersuchungsausschuss aus. Die politische Verantwortung müssebesser geklärt werden. Ähnlich äußerte sich Ströbele. Dagegen sagtePKG-Vize Max Stadler (FDP), es sei noch zu früh, über die Behandlungin einem Ausschuss zu spekulieren. Der Deutsche Journalistenverband(DJV) sprach von einem «Anschlag auf die Pressefreiheit».
Der Sonderermittler empfahl, Dienstvorschriften zuÜberwachungsaktionen zu ändern und BND-Mitarbeiter über diePressefreiheit aufzuklären. Die Bundesregierung hatte veranlasst,dass Journalisten nicht mehr als Quellen für den Eigenschutz geführtwerden dürfen. Das nannte Schäfer eine «Überreaktion».