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JU-Deutschlandtag Laschet und Spahn stimmen Union auf Opposition ein

Beim Deutschlandtag der Jungen Union wird klar: Es träumt niemand mehr von Jamaika. Die Union stellt sich auf Opposition ein. CDU-Chef Armin Laschet nimmt die Wahlniederlage voll auf seine Kappe.

Von dpa Aktualisiert: 17.10.2021, 08:29
„Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand“: CDU-Chef Armin Laschet.
„Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand“: CDU-Chef Armin Laschet. Marcel Kusch/dpa

Münster - Rund drei Wochen nach der historischen Wahlniederlage der Union haben CDU-Chef Armin Laschet und sein Parteivize Jens Spahn auf eine Oppositionsrolle eingestimmt. Unionskanzlerkandidat Laschet übernahm die alleinige Verantwortung für das miserable Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl.

„Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt“, sagte er am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. „Nichts lässt sich schön reden. Die Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat.“

Laschet machte deutlich, dass er die Union in einer Oppositionsrolle im Bund sieht. In der Opposition sei es besonders wichtig, „gemeinsam und einheitlich aufzutreten“ und „klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen“, wenn eine künftige Regierung Fehler mache. CSU-Generalsekretär Markus Blume schwor die Union auf eine starke Oppositionsarbeit ein. „Wir müssen jetzt die Realität anerkennen: Wir sind Opposition. Aber wir sind eine starke Opposition.“ Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am Freitag in Berlin ein gemeinsames Papier zum Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche vorgelegt und für Koalitionsverhandlungen plädiert.

Beim Deutschlandtag der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU stand eine Erneuerung nach dem Absturz auf 24,1 Prozent im Mittelpunkt. Zwei jüngere Umfragen sehen die Union aktuell sogar bei unter 20 Prozent. Die CDU will ihren Parteivorstand bei einem Sonderparteitag neu wählen. Laschet mahnte auch mit Blick auf mehrere anstehende Landtagswahlen, es müsse wieder gegen den politischen Gegner gehen und „nicht gegeneinander in der Unionsfamilie“. Er will eigene politische Ambitionen zurückstellen. Die Delegierten zollten Laschet Respekt für seine selbstkritische Analyse. JU-Chef Tilman Kuban sprach von „brutaler Ehrlichkeit“, von „wahrer Größe“.

Spahn: "Beschissene Lage"

CSU-Chef Markus Söder hatte dagegen kurzfristig abgesagt, was viele Delegierte in ihren Redebeiträgen kritisierten. Söder war im internen Ringen um die Kanzlerkandidatur unterlegen gewesen und hatte immer wieder gegen Laschet gestichelt. In der „Welt am Sonntag“ warb er nun für ein neues Miteinander der beiden Schwesterparteien. „In Stil und Inhalt sollten wir wieder enger zusammenrücken, anstatt öffentlich übereinander zu reden“, meinte Söder. „Die CSU wird daher keine öffentlichen Ratschläge erteilen, sondern - wenn es gewünscht ist - mithelfen, die Union zu stabilisieren.“ Auf die Frage eines Delegierten, warum Söder sich nicht in Münster einer Aussprache stelle, antwortete Blume, Söder sei vor einer Woche bereits bei der JU Bayern gewesen und zu einer inhaltlichen Analyse und Klartext bereit.

Gesundheitsminister Jens Spahn bemängelte Misstrauen und Zerrissenheit. Er räumte ein: „Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch.“ Die Union werde eine konstruktive Opposition sein. Zugleich gab er sich kämpferisch: „Die CDU ist nicht erledigt.“ Spahn rief zu Teamgeist statt „Schaulaufen“ auf. „Es geht hier doch nicht um Armin, Friedrich, Jens, Ralph oder wen auch immer“, rief er unter großen Beifall in der Halle. „Die Union ist größer als jeder von uns.“ Als Anwärter für die Nachfolge Laschets werden Spahn, der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen genannt. Zum Abschuss des Deutschlandtags am Sonntag wollte sich Brinkhaus in Münster äußern.

Laschet wies Merz' Darstellung zurück, der die Union am Freitag zu Beginn der JU-Tagung als „insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall“ bezeichnet hatte. Merz hatte seine Partei aufgefordert, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die inhaltliche Aufstellung. „Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?“

Forderungen nach Mitgliederentscheid zum Parteivorsitz

Laschets designierter Nachfolger für seine Ämter als NRW-Ministerpräsident und Landesparteichef, Hendrik Wüst, appellierte: „Wir haben die Bundestagswahl verloren, ja. Und nach Lage der Dinge haben wir auch die Regierungsbeteiligung verloren, ja. Aber wir dürfen nicht auch noch unsere Haltung, unser Benehmen und unsere Selbstachtung verlieren.“ Um die Landtagswahl in NRW im Mai 2022 zu gewinnen, müsse die Partei wieder die politische Mitte zurückerobern, stellte Verkehrsminister Wüst klar. Laschet hatte kürzlich als seinen Nachfolger in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak übernahm Mitverantwortung für das Wahldebakel. Es ehre Laschet, dass er die alleinige Verantwortung für den Absturz tragen wolle. Die CDU habe in allen Bereichen verloren. Eine Ursache sei mangelndes Profil. Eine Volkspartei brauche klare Antworten - etwa bei Fragen wie Mindestlohn oder Migration. „Rumlabern hilft nicht“, bemängelte Ziemiak.

Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann meinte, nach dem Abstieg der Union von der ersten in die zweite Liga gehe es jetzt um „Demut, um Haltung, aber auch um Zukunft.“ Er sprach sich „in dieser ganz besonderen Situation“ für einen Mitgliederentscheid zum Parteivorsitz aus. „Wir müssen wieder eine Mitgliederpartei werden.“ Laschet zeigte sich dagegen skeptisch. Die Vorsitzende der Gruppe der Frauen in Unions-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, plädierte für eine paritätisch besetzte CDU-Doppelspitze.

Der JU-Bundesvorstand ging in einem Antrag hart mit den Mutterparteien ins Gericht. „Armin Laschet konnte die Herzen der Menschen leider nicht erreichen. Ganz im Gegenteil: Viele Wähler haben der Union wegen des Personalangebots die Stimme nicht gegeben“, hieß es dort. „Eine solche Kandidatur ist aber keine One-Man-Show. Weder im Sieg noch in der Niederlage.“ Nur wenige im Bundeskabinett seien im Wahlkampf hilfreich gewesen. Auch die Spitzen von CDU und CSU hätten „keine gute Figur abgegeben“. Und: „Wir haben aus eigener Schwäche verloren, nicht wegen der Stärke der anderen.“