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Gesetzesänderung erklärt Was sich mit der Bundes-Notbremse ändern soll

Ein einheitliches Gesetz für ganz Deutschland: Das ist das Ziel der Bundes-Notbremse. Nun ist sie erneut angepasst worden. Was sich ändern soll.

Aktualisiert: 19.4.2021, 16:50

Berlin - Bei der geplanten Bundes-Notbremse gibt es einige Änderungen: Erwartungsgemäß wird die sogenannte Bundes-Notbremse nach viel Kritik aus der Opposition und auch aus den eigenen Reihen in Details noch einmal angepasst, bevor der Bundestag am Mittwoch darüber abstimmt. Die Koalitionsfraktionen haben sich auf verschiedene Ent- und Verschärfungen verständigt.

Ziel der Gesetzesänderung ist es, Einschränkungen des öffentlichen Lebens bundesweit einheitlich zu regeln: Nach den Runden von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs hatten die Länder teils unterschiedliche Maßnahmen in Kraft gesetzt. Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet, so sollen dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Diese sollen so lange in Kraft bleiben, bis die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.

Folgende Regeln sollen gelten, wenn die Notbremse greift

  • Private Kontakte: Es darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt die Kontaktbeschränkung nicht. Bei Trauerfeiern nach Todesfällen dürfen bis zu 30 Personen zusammenkommen.
  • Ausgangsbeschränkungen: Die geplanten Ausgangsbeschränkungen sollen ab 22.00 Uhr gelten. Bis 5.00 Uhr darf man die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück nicht mehr verlassen. Ausnahmen sind die „Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“ wie etwa gesundheitliche Notfälle bei Mensch und Tier oder dringende medizinische Behandlungen. Joggen und Spaziergänge sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine. Ausgenommen sind die Ausübung eines Berufs oder Mandats und die journalistische Berichterstattung. Das Gleiche gilt für die Wahrnehmung von Sorge- oder Umgangsrecht, die unaufschiebbare Betreuung Unterstützungsbedürftiger oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren oder „ähnlich gewichtige und unabweisbare Gründe“.
  • Arbeitgeber: Unternehmen müssen zwei Corona-Tests pro Woche bereitstellen. Bietet der Arbeitgeber Homeoffice an, sollen die Arbeitnehmer nach Angaben aus Fraktionskreisen verpflichtet werden, dieses Angebot auch anzunehmen.
  • Freizeiteinrichtungen: Einrichtungen wie Schwimmbäder, Saunen, Diskotheken, Bordelle, Wellnesszentren, Ausflugsschiffe oder Indoorspielplätze müssen schließen. Die Außenbereiche von Zoos und botanische Gärten sollen für Besucher mit aktuellem Negativ-Test offen bleiben.
  • Einkaufen: Läden dürfen Kunden nur noch empfangen, wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein (Click & Collect). Ausgenommen von Schließungen bleiben weiterhin der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Zeitungsverkäufer, Buchhandlungen, Blumenläden, Tierbedarfs- und Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Diese dürfen aber nur das übliche Sortiment verkaufen. Für die zulässige Kundenanzahl gelten Grenzen in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche. In geschlossenen Räumen müssen Kunden eine Maske auf FFP2-Niveau oder eine medizinische Maske tragen.
  • Kultur: Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos (außer Autokinos), Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten müssen schließen. 
  • Sport: Nur kontaktloser Individualsport bleibt erlaubt, den man allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands ausüben kann. Für Berufs- und Leistungssportler gibt es Ausnahmen. Für Kinder im Alter bis 14 Jahren soll Sport in Gruppen weiter möglich sein.
  • Gastronomie: Der Betrieb von Gastronomiebetrieben und Kantinen wird untersagt. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Speisesäle in Reha-Zentren oder Pflegeheimen, die Versorgung Obdachloser oder von Fernfahrern. Die Abholung von Speisen und Getränken zum Mitnehmen bleibt erlaubt, ebenso die Auslieferung.
  • Körpernahe Dienstleistungen: Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden sind untersagt. Ausgenommen sind Dienstleistungen, „die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe“. Dabei müssen in der Regel FFP2-Masken oder Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. Wer zum Friseur will, muss ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen.
  • Nah- und Fernverkehr: In Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht. Möglichst soll nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren.
  • Tourismus: Die Vermietung touristischer Übernachtungsmöglichkeiten ist untersagt.

Nicht alles wird von der Bundes-Notbremse betroffen sein

Daneben gibt es Regelungen, die von der Notbremse unabhängig gelten. Das betrifft vor allem die Schulen: Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer müssen im Präsenzunterricht zweimal pro Woche getestet werden. Darüber hinaus gilt hier eine eigene Notbremse: Überschreitet die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 165, so wird ab dem übernächsten Tag der Präsenzunterricht in Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnlichen Einrichtungen verboten. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen. Die Schulbremse tritt außer Kraft, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen den Schwellenwert wieder unterschreitet.

Weiterreichende Gebote und Verbote des Infektionsschutzes bleiben von der Notbremse unberührt. Gottesdienste sind von ihr ebenfalls nicht erfasst. Neu ist, dass die Bundesregierung keine Verordnungen zur Eindämmung der Pandemie am Bundestag vorbei erlassen kann. Die alte Fassung des Gesetzentwurfs sah vor, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, „zur einheitlichen Festsetzung von Corona-Maßnahmen Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen“.

Alle Regelungen sind erst einmal befristet bis zum 30. Juni. Bisher hieß es, die Bundes-Notbremse solle nur gelten, solange in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite als festgestellt gilt. Der Bundestag muss dies alle drei Monate bekräftigen. (dpa)