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  7. Koalitionsausschuss: Grüne Kritik und Luftfahrt-Lob für schwarz-rote Beschlüsse

Koalitionsausschuss Grüne Kritik und Luftfahrt-Lob für schwarz-rote Beschlüsse

Die Koalition bemüht sich, mit wirtschafts- und energiepolitischen Vorhaben Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Die Reaktionen fallen aber unterschiedlich aus.

Von dpa Aktualisiert: 14.11.2025, 06:27
Stromkosten für die Industrie senken, Luftverkehrsteuer auch: Die Koalitionsspitzen verkünden ihre Einigung.
Stromkosten für die Industrie senken, Luftverkehrsteuer auch: Die Koalitionsspitzen verkünden ihre Einigung. Kay Nietfeld/dpa

Berlin - Kritik von Grünen und Umweltschützern und Lob von der Luftfahrtbranche: Mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses hat das schwarz-rote Regierungsbündnis unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Vor allem an der Ankündigung, die von der Ampel-Regierung beschlossene Erhöhung der Luftverkehr-Ticketsteuer zurückzunehmen, scheiden sich die Geister. Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten am Abend rund dreieinhalb Stunden beraten. Einige ihrer Vorhaben waren zuvor bereits grundsätzlich angekündigt gewesen.

Von wem Kritik kommt

Der Grünen-Chef Felix Banaszak warf Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und den Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD Mutlosigkeit vor. „Zu glauben, die Wirtschaftskrise mit dem Rasieren der Luftverkehrsabgabe und einem Deutschlandfonds zu beenden, ist schon stark vermessen“, sagte er.

Greenpeace nannte die Rücknahme der Luftverkehrsteuer-Erhöhung ein fatales Signal und nahm Bezug auf die laufende Weltklimakonferenz in Brasilien: „Während die Staatengemeinschaft auf der COP30 in Belém um die Reduktion von CO2-Emissionen ringt, verteilt die Bundesregierung Steuer- und Preisgeschenke an die fossilen Industrien“, sagte der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser der Deutschen Presse-Agentur. Das heize die Erderhitzung weiter an und schwäche Deutschlands Glaubwürdigkeit.

Von wem Lob kommt

In der Luftfahrtbranche hingegen löste das Vorhaben einer Ticketsteuer-Senkung erwartungsgemäß Freude aus. Ihre Verbände lobten das als wichtigen Schritt zur Stärkung der Branche und des Luftfahrt-Standorts Deutschland.

Der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel, sprach vom „Beginn einer echten Trendwende“. Sein Kollege vom Branchenverband BDL, Joachim Lang, befand jedoch auch: „Damit Deutschland am anhaltenden Boom des Luftverkehrs in Europa teilhaben kann, sind in den kommenden Jahren aber noch weitere Schritte erforderlich.“ Bei der Lufthansa hieß es, die Bundesregierung zeige, dass sie den Ernst der Lage im Luftverkehr erkannt habe.

Worum es bei der Ticketsteuer geht

Die Koalition will zum 1. Juli 2026 die Steuer senken. Merz sprach von einer Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie in Deutschland. Zudem soll bei den Flugsicherungskosten dafür gesorgt werden, dass es 2026 zu keinem weiteren Anstieg der Gebühren, sondern einer ersten Reduzierung kommt. Die Steuer für Starts von deutschen Flughäfen war 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführt worden.

Im Inland und auf Kurzstrecken sind aktuell pro Flug 15,53 Euro fällig, für Mittelstrecken 39,34 Euro und für fernere Ziele 70,83 Euro. Zahlen müssen dies die Fluggesellschaften.

Die Branche fordert seit langem eine Senkung der Luftverkehrssteuer. International tätige Airlines stationieren ihre Flugzeuge zunehmend an Standorten mit niedrigeren Einstiegskosten, dies geht zu Lasten deutscher Flughäfen. Gestrichen wurden hierzulande besonders innerdeutsche Flüge und Direktverbindungen kleiner und mittlerer Flughäfen ins europäische Ausland.

Was noch beschlossen wurde:

Industriestrompreis

Zum 1. Januar 2026 soll ein staatlich subventionierter, niedrigerer Industriestrompreis eingeführt werden, und zwar bis 2028. Das hatte Merz bereits beim „Stahlgipfel“ vor einer Woche mitgeteilt. Er sprach von einem Zielpreis von 5 Cent pro Kilowattstunde. Er soll gelten für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen - etwa der Stahl- und Chemieindustrie.

Finanzminister Lars Klingbeil, als SPD-Chef und Vizekanzler Teil der Runde, sprach von drei bis fünf Milliarden Euro Kosten, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollen, einem Sondertopf des Bundes. Banaszak kritisierte den Finanzierungsweg: „Ein Industriestrompreis ist richtig. Aber mit Klimaschutz hat der nichts zu tun.“

Neue Gaskraftwerke

Sie sollen künftig als Reserve einspringen, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien nicht zu decken ist, weil keine Sonne scheint und kein Wind weht. Damit sich die Investitionen für Energieunternehmen rechnen, soll es eine staatliche Förderung geben. Dieser muss die EU-Kommission zustimmen. Auch hier erwartet die Koalition bald grünes Licht. 

Merz sagte, im nächsten Jahr sollten acht Gigawatt ausgeschrieben werden und die Kraftwerke bis 2031 in Betrieb gehen. Sie sollten technisch in der Lage sein, auch Wasserstoff zu nutzen und im Einklang mit den Klimazielen bis spätestens 2045 technologieoffen dekarbonisiert zu werden, also so umgestellt, dass sie ohne Kohlenstoff-Emissionen arbeiten. 

Deutschlandfonds 

Unter seinem Dach sollen mehrere im Koalitionsvertrag vorgesehene Finanzierungsinstrumente miteinander verbunden werden, um private Investitionen anzureizen. Klingbeil sagte, es solle eine „Andock-Stelle“ für privates Kapital geschaffen werden, etwa in den Bereichen Energie, Resilienz oder für Start-ups im Bereich der Sicherheitspolitik. Bei der Finanzierung von jungen, innovativen Firmen hinkt Deutschland international hinterher.