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Deutsche Bahn Deutsche Bahn: Zugbegleiter stoppten ICE vor Unfall

10.12.2008, 16:12

Köln/Berlin/dpa. - Unklar war am Freitag noch, ob diese von zweiBahnsprechern bestätigte Notbremsung den Zug entgleisen ließ. DieStaatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen unbekannt wegen Gefährdungdes Bahnverkehrs aufgenommen. Am Freitag wurde ein Großteil derbaugleichen ICE-3-Züge von der Deutschen Bahn zur Überprüfung in dieWerkstätten geholt. Dadurch fielen mehr als 60 Fernzüge aus, weitereZüge fuhren nur eingeschränkt.

Wenige Tage nach dem Unfall sind damit noch viele Fragen offen:Haben die Zugbegleiter zu spät reagiert, als ihnen Passagiere vonverdächtigen Geräuschen berichteten? Hat das Bahnpersonal tatsächlichdie Notbremse gezogen, und ist der Zug deswegen entgleist? Von Seitender Deutschen Bahn gab es am Freitag unterschiedliche Erklärungen zumAblauf der Ereignisse am vergangenen Mittwoch.

Wie zwei Bahn-Sprecher in Berlin mitteilten, wurde der Zug durcheine Notbremsung der Zugbegleiter gestoppt. Die Leitung der Bahn-Pressestelle für Personenverkehr dagegen wollte diese Informationweder bestätigen noch dementieren. «Das Zugpersonal hat den Zuggestoppt - wie, entzieht sich unserer Kenntnis», hieß es. Nach derBremsung war der Zug mit einem Achsbruch aus dem Gleis gesprungen.«Ob das eine die Ursache des anderen ist, wird derzeit ermittelt»,sagte einer der Bahn-Sprecher weiter. Die Kölner Staatsanwaltschaftermittelt.

Kurz nach dem Unfall waren Vorwürfe laut geworden, nach denen dieBahn-Mitarbeiter zu spät auf die Hinweise von Fahrgästen reagierthätten. Passagiere hatten bereits während der Fahrt auffälligeGeräusche bemerkt. Sollte ein Zugbegleiter die Notbremsung ausgelösthaben, ließe sich das «sicherlich ermitteln», sagte der Sprecher derKölner Behörde, Günther Feld.

Der Vorstand Personenverkehr der Deutschen Bahn, Karl-FriedrichRausch, hatte am Freitag entsprechende Hinweise von Fahrgästenbestätigt. Als die Bahn-Mitarbeiter das Geräusch bei der Ausfahrt ausdem Kölner Bahnhof ebenfalls hörten, hätten sie den Zug gestoppt. DasFahrpersonal sei den Hinweisen nachgegangen und habe die notwendigenMaßnahmen ergriffen, betonte die Bahn in einer Mitteilung.

Nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft haben die Bahn-Mitarbeiter dagegen auf die Kundenhinweise zunächst geantwortet: «Dabrauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, das hat nichts zubedeuten.» Die Staatsanwaltschaft müsse nun feststellen, ob dieGeräusche mit dem späteren Achsenbruch des ICE zusammenhingen, sagteFeld. «Wenn das so ist, ist die Frage, ob das Personal richtigreagiert hat.»

Die Überprüfung der ICE-Züge sei eine reine Vorsichtsmaßnahme,hieß es bei der Bahn. Reisende müssten das Wochenende über noch mitEinschränkungen beim Fernverkehr rechnen. Vor allem der ICE-Verkehrüber Köln und Frankfurt nach München und Stuttgart sowie zwischenFrankfurt und Paris ist betroffen. Ein Ersatzverkehr, vor allem mitIC-Zügen, werde eingerichtet. Zudem zeige sich die Bahn kulant beider Erstattung von Fahrscheinen. Am Montag sollen laut Rausch alleZüge wieder planmäßig fahren.

Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums in Berlin sagte,die Bahn habe die Behörde «sehr zeitnah» über die Untersuchung derICE-Züge informiert. Das Bundesministerium nehme keinerlei Einflussauf die Ermittlungen zu dem Unfall. Das werde den Experten desEisenbahn-Bundesamtes überlassen.

Zu den möglichen Konsequenzen, falls die Achse des Kölner ICE involler Fahrt gebrochen wäre, wollte sich Rausch nicht äußern. Auf derHochgeschwindigkeitsstrecke Frankfurt-Köln werden mehr als 300Kilometer in der Stunde erreicht. Vergleiche mit dem Zugunglück beiEschede durch einen gebrochenen Radreifen lehnte die Bahn ab. Beieinem der schwersten Bahnunglücke in der Geschichte des Unternehmenswaren am 3. Juni 1998 im niedersächsischen Eschede 101 Menschen umsLeben gekommen und 105 verletzt worden.

Auch in diesem Jahr haben Unfälle der Bahn bereits für Aufsehengesorgt. So raste am Freitag erneut ein Zug in eine Schafherde. Beidem Unglück einer Regionalbahn zwischen Bensheim und Lorsch (Hessen)wurden 52 Tiere getötet. Menschen wurden nicht verletzt. Bereits EndeApril war ein ICE am Landrückentunnel bei Fulda mit Tempo 220 in eineSchafherde gerast und entgleist. Dabei waren 19 Menschen verletztworden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Bahn, weil einZugführer zuvor der Betriebsleitzentrale in Frankfurt gemeldet hatte,dass er in entgegengesetzter Richtung ein Schaf überfahren hatte.