Begehrter Rohstoff Lithium Begehrter Rohstoff Lithium : Thüringer heben in Bolivien weißes Gold
Sondershausen - Von seinem großen Bürofenster aus hat Heiner Marx einen Blick auf den stillgelegten Förderturm des Petersenschachts. 44 Meter ragt das Stahlskelett, dessen Bauherren sich vom Pariser Eiffelturm inspirieren ließen, in die Höhe. Der Turm ist ein Wahrzeichen der Thüringer Stadt Sondershausen und für die lange Bergbautradition der Region ...

Von seinem großen Bürofenster aus hat Heiner Marx einen Blick auf den stillgelegten Förderturm des Petersenschachts. 44 Meter ragt das Stahlskelett, dessen Bauherren sich vom Pariser Eiffelturm inspirieren ließen, in die Höhe. Der Turm ist ein Wahrzeichen der Thüringer Stadt Sondershausen und für die lange Bergbautradition der Region geworden.
Marx, Chef des Ingenieur- und Forschungsunternehmens K-Utec, und seine Mitarbeiter sorgen heute dafür, dass rund um den Globus Rohstoffschätze gehoben werden. So helfen sie nun dabei, das größte Lithiumvorkommen der Welt zu erschließen.
Batterien für E-Autos, aber auch viele weitere Elektronikprodukte sind auf Lithium angewiesen. Aufbereitet handelt es sich um weißes Pulver, daher wird auch vom „weißen Gold“ gesprochen. Es kann Energie besonders gut speichern und abgeben. Die großen asiatischen Batteriezellen-Hersteller aber auch Autokonzerne wie VW und Daimler buhlen zunehmend um den wichtigen Rohstoff.
Im Salzsee von Uyuni im bolivianischen Hochland liegt die wohl weltweit größte Reserve. Mehrere internationale Großkonzerne wollten die Lagerstätte erschließen. Überraschenderweise erhielt vor kurzem das schwäbische Unternehmen ACI vom Staatskonzern Yacimientos de Litio den Zuschlag, in einem Joint Venture das Lithium zu fördern. Mit im Konsortium ist K-Utec, das die Planungen der Förderanlagen übernimmt. „Wir werden dort eine Lithium-Industrie aufbauen“, kündigt Marx an.
170 Millionen Euro werden in Lithium-Förderung in Bolivien investiert
Die Technologie ist nach seinen Worten schon vielfach erprobt: Eine lithiumhaltige Sole wird aus den Salzseen gepumpt und über eine Kette von Verdunstungsbecken geleitet. Die dadurch gewonnene Lösung wird eingedampft und zentrifugiert, um beispielsweise Stoffe wie Bor oder Magnesium auszufiltern. Dann wird sie mit Natriumcarbonat behandelt, dabei entsteht das Lithiumcarbonat - Grundrohstoff für die Batterie-Industrie. „Wir planen den Prozess und suchen die Lieferanten für die Anlagen“, sagt Marx. 170 Millionen Euro seien für das Gesamtprojekt veranschlagt.
K-Utec mit knapp 100 Mitarbeitern besitzt jahrzehntelange Erfahrungen im Bau ähnlicher Großanlagen. Das Unternehmen entstand nach der Wende aus dem Forschungsinstitut des ehemaligen Kali-Kombinates der DDR. Der saarländische Unternehmer Marx und 35 Institutsmitarbeiter wagten 1992 den Neustart.
Das Unternehmen arbeitet unter anderem in der Bergbausanierung mit sogenannten Versatzmaßnahmen und führt geowissenschaftliche Überprüfungen für Behörden durch. Weltweit aktiv ist K-Utec allerdings nur bei der Planung von neuen Förderanlagen.
Thüringer forschen an neuen Gewinnungsprozessen für Lithium
„Bereits in der DDR wurde daran geforscht, Lithium oder Rubidium als Begleitelemente des Kalibergbaus zu nutzen“, erläutert Marx. Die Aufbereitung von Salzlaugen gehört zum Kerngeschäft der Forscher. In der Vergangenheit arbeitete K-Utec vor allem für Salz- und Düngemittelhersteller wie K+S. Nun rücken auch die Lithium-Firmen in den Fokus.
Bereits 2017 hatte der weltgrößte Lithium-Produzent, Albemarle, die Thüringer ins Boot geholt. Die Produktionsstätten des US-Konzerns in Nord- und Südamerika sollen evaluiert und verbessert werden. Um die Prozesse zu optimieren, betreibt K-Utec am Firmensitz in Sondershausen auch eine Pilotanlage. In der sogenannten Eindampfungsanlage wird die Lithiumgewinnung und Aufbereitung erforscht. „Die Investition wird sich lohnen“, ist Marx überzeugt.
Lithium wird als Erdöl von morgen gehandelt. Der zusätzliche Bedarf an Lithium allein für elektrisch betriebene Fahrzeuge wird laut Dera-Studie bis 2035 auf das 3,5-Fache der aktuellen Lithiumproduktion geschätzt. Ein Vergleich macht das deutlich: Für die Produktion eines Akkus für Laptops oder Smartphones werden einige Gramm Lithiumcarbonat benötigt. Für die Herstellung einer E-Auto-Batterie dagegen zwischen zehn und 20 Kilogramm.
Deutsche Unternehmen sollten daher „langfristige Lieferverträge oder Projektbeteiligungen gegen eventuelle Lieferengpässe und starke Preisschwankungen“ abschließen, rät Michael Schmidt, der für die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) eine umfassende Studie zum Lithium-Markt erstellt hat. Der Preis von Lithiumcarbonat sei bereits von 1460 Dollar je Tonne im Jahr 2005 auf bis zu 16.500 Dollar gestiegen.
Bergbauexperte Marx glaubt jedoch nicht, dass es Lieferengpässe geben wird. „Aufgrund der stark gestiegenen Preise werden weltweit viele neue Projekte in Angriff genommen“, sagt er. Würden die alle realisiert, steige auch das Angebot erheblich. Für K-Utec bedeutet das: viele neue Aufträge. (mz)